Arbeit schaffen statt Stütze streichen

Die Scharping-Drohung gegenüber jugendlichen Sozialhilfeempfängern kommt im Armenhaus Berlin nicht gut an

Der Vorstoß von Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD), junge Sozialhilfeempfänger zu öffentlichen Diensten zu verpflichten und ihnen bei Ablehnung die Stütze zu streichen, stößt in Berlin auf wenig Resonanz. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sagte gestern, dass es bereits verschiedene erfolgreiche Modelle „Arbeit statt Sozialhilfe“ gebe. Die wenigen Fälle von Sozialmissbrauch dürften nicht zu Vorurteilen führen. Auch der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Uwe Götze, betonte: „Das Problem ist zu komplex, als dass man es so pauschal behandeln könnte.“ Betroffen seien vor allem Jugendliche ohne Schulabschluss. „Die bleiben so lange arbeitslos, weil sie nur ungelernte Tätigkeiten ausführen können. Das Angebot an solchen Jobs geht aber zurück.“

Von den derzeit 268.000 Sozialhilfeempfängern in Berlin sind laut Angaben von Sozialsenatorin Gabriele Schöttler (SPD) 29.000 im Alter zwischen 18 und 25 Jahren. Wie Wowereit betont auch Schöttler die Notwendigkeit, arbeitslose Jugendliche in Beschäftigungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen zu bringen. Darüber hinaus gebe es heute schon ausreichend Sanktionsmöglichkeiten. Allein im vergangenen Jahr sei in 730 Fällen die Sozialhilfe gestrichen worden.

Dass moderne Beschäftigungspolitik auch die Staatskasse entlasten kann, betont die bündnisgrüne Spitzenkandidatin Sybill Klotz. Sie plädiert deshalb für Beschäftigungsangebote, die aus der Sozialhilfe und dem Europäischen Sozialfonds finanziert werden. Die Rechung: Wer ein Jahr Arbeit hat, bekommt Arbeitslosengeld und das Land muss keine Sozialhilfe mehr zahlen. Allein 8.000 zusätzliche Beschäftigungsangebote würden in fünf Jahren eine Einsparung von 406 Millionen Mark bringen. Bislang werden nur 1.500 Stellen finanziert.

Dass nicht die Motivation der Jugendlichen das Problem sei, sondern der Mangel an Arbeitsplätzen, meint auch die PDS-Sozialpolitikerin Steffi Schulze. Sie setzt auf individuelle Beratung, um die Jugendlichen in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen.

UWE RADA