Nicht ohne mein Telefon

■ Rockposen und innere Überzeugungen: Ex-„Spice Girl“ Melanie C am Wochenende im Stadtpark

Neben drei singenden sexy Frauen, deren Stimmen kaum zum Ständchensingen beim Betriebsfest taugen würden, als die einzig wahre Sängerin zu gelten, ist wohl kein sonderlich geglücktes Kompliment. Lässt man es allerdings auf einen Vergleich zwischen den einzelnen Spice Girls ankommen, trifft genau dies auf Melanie C zu. Seit ihrem erfolgreichen Solo-Album Northern Star befindet sich das Sporty Spice auf dem besten Weg zur Abnabelung – zumal das dritte Album Forever der Spice Girls ein relativer Flop ist.

Wie mehrere gewinnbringende Singleauskopplungen beweisen konnten, hat Mel Cs Stimme tatsächlich etwas Prägnantes an sich – wenn auch nicht mit dem gleichen Wiedererkennungseffekt wie die eines, sagen wir, Phil Collins. Mit dem verbindet sie jedoch wiederum der Einsatz für Obdachlose. Nur dominieren bei Mel Cs Spendenhit „If that were me“ naive Fragen gepaart mit Bestürzung aus Sicht des täglichen Paradieses. Etwa danach, wo einer sich wohl bei Blitz und Donner verkriecht. Auch immer wieder gern zitiert: „I couldn't live without my phone, but you don't even have a home.“ Ja, das ist schon eine schlimme Welt.

Bevor aber die Musikerin wieder mit Produzenten-Marktführern wie Rick Rubin, William Orbit und anderen illustren Persönlichkeiten ins Studio geht, um an einem adäquaten Nachfolger zu Northern Star zu basteln, soll es am Sonnabend im Stadtpark noch einmal richtig rocken. Dem steht auch eigentlich nichts im Wege, denn Mel C ist eine routinierte Performerin und versteht ihr Handwerk. Sicherlich steckt ihr die Girl-Group-Vergangenheit mit entsprechenden choreographischen Kniffen noch im Leib: Phantasielose Gesten müssen dann hin und wieder zentrale Begriffe unterstreichen. In den klassischen Rockposen gefällt sie sich selbst aber noch am besten – und die stehen der Sportskanone wirklich nicht schlecht. Es ist eben doch alles eine Frage der nach außen getragenen inneren Überzeugung.

Jüngst musste sie in Schweden als abgefeierter Support von Bon Jovi einen Rüffel vom Hauptact einkassieren: Die fühlten sich durch Mel C nämlich prompt von ihrem Rockpodest auf die billigen Pop-Plätze verwiesen. Auch wenn die Klassifizierung auf das von der breiten Masse akzeptierte Debut durchaus zutrifft, geht live vorgetragen so manches mehr ab als bei den besagten Schmierrockern höchstselbst. Ein Mammutkonzert wird aus dem Material eines noch so ordentlichen Albums allerdings kaum erwachsen. Sofern die Sängerin nicht ein paar Coverversionen einschiebt, gibt es für den Schnäppcheneintrittspreis höchstens eineinhalb Stunden durchaus nette Unterhaltung.

Liv Heidbüchel

mit BB Mak: Sonnabend, 19 Uhr, Freilichtbühne Stadtpark