Hamburg brummt

Neben Call Centern und Rangierbahnhöfen wird inzwischen auch BSE verdächtigt  ■ Von David Böcking

Ein Phantom hat Hamburg erreicht. Menschen berichten von einem mysteriösen Brummen, das ihnen Schlaf, Nerven und manchmal gar die Gesundheit raubt. Begonnen aber hat alles im Süden:

Erst brummte nur der Schwarzwald, wo der Reutlinger General- Anzeiger schon im Februar den „Großen Brummer“ suchte. Bald erreichte er die Alb, gründete sich in Gäufelden-Tailfingen die „Inte-ressensgemeinschaft zur Aufklärung des Brummtons“ (IAB), erstattete man schließlich Anzeige bei der Stuttgarter Staatsanwaltschaft.

Anfang Juni enthüllte dann der Kölner Express: „Das unheimliche Brummen ist auch im Rheinland zu hören.“ Eine Strahlenkanone der Amis sei schuld. Weshalb man von denen „locker 100 Millionen Mark Schmerzensgeld verlangen könnte“, so ein Anwalt.

Da wurde auch die Hauptstadt hellhörig, wo es ebenfalls nicht nur metropolenmäßig ungeheuer brummt. Beim Tagesspiegel vergeht inwzischen „kein Tag“ mehr, an dem sich nicht neue Berliner Brumm-Opfer melden.

Nun also auch Hamburg. Die „Hand voll“ Beschwerden, die es laut Ina Heidemann von der Umweltbehörde bisher gab, sind aber eher mickrig, zumal sich immer Ursachen fanden. Fast immer: Ein Fall in Rissen war gestern immer noch nicht geklärt, weitere Messungen sollen folgen. Für eine große Studie, wie kürzlich in Baden Würtemberg begonnen, sieht man in Hamburg aber „keine Notwendigkeit“.

Betroffenen bleibt das Internet. Auf www.brummt.de wird neben Windrädern und Flughäfen auch BSE verdächtigt. Schließlich, so ein Beitrag, hätten auch erkrankte Rinder „akustische Wahnwahrnehmungen“, was „einigen Grund zur Beunruhigung“ gebe. Nüchterner die Einträge zweier Norddeutscher in das virtuelle „Buch des Brummens“: „Smoky“ aus Hamburg macht seine Arbeit in einem Call Center verantwortlich, Barbara Mundt aus Seevetal den benachbarten Rangierbahnhof. Außerdem entdeckte ihr Arzt ein „überempfindliches Innenohr“. Die untersuchten Brummeleien bewegten sich meist in Frequenzen, die nur Menschen mit solch guten Ohren wahrnehmen können. Vielleicht entsteht deshalb auch Streit über das „wahre“ Brummen. „Ich behaupte aber, dass das Brummen, das Sie meinen, rein gar nichts zu tun hat, mit dem Brummen, um das es hier geht“, belehrt im Netz ein Stephan einen Herrn Kopp.

Die taz hamburg kam, nach Ausschluss der örtlichen Wirtschaft und der neuen Redaktionsspülmaschine (wir berichteten) als mögliche Verursacher, nun endlich zu einem Ergebnis: Ein unterirdisches Sommerloch. Unaufhörlich unterhöhlt das Ding die Republik und jetzt, nach langer Gnadenfrist, müssen auch wir uns ihm ergeben! Brrrrmmmmmmm...