DIE FINANZSPRITZE DES IWF FÜR ARGENTINIEN NUTZT NUR DEN BANKEN
: Optimismus in der Einbahnstraße

Eine neue Dosis Adrenalin hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seinem Patienten Argentinien in die Venen gespritzt, um den Todkranken noch eine Zeit lang am Leben zu halten. Argentinien ist wirtschaftlich am Ende, und die alten Rezepte des IWF helfen nicht. Mit den acht Milliarden Dollar aus Washington können in Buenos Aires nur Löcher gestopft werden. Es wäre nötig gewesen, dem Land zumindest einen Teil seiner Schulden zu erlassen, damit in Argentinien ein Politikwechsel angegangen werden kann.

Doch das will selbst die Regierung nicht mehr ernsthaft. Sie war angetreten, den sozialen Ausgleich im Land zu schaffen, hat aber vor ihren internationalen Geldgebern kapituliert. Erst vor einem Monat kürzte sie die Renten und Gehälter, statt ein gerechteres Steuersystem zu schaffen. Etwas anderes ist aber auch nicht zu erwarten von einem Kabinett, in dem mit Finanzstaatssekretär Daniel Marx, dem Schuldenverwalter des Staates, ein ehemaliger Repräsentant der Gläubigerbanken gegenüber dem argentinischen Staat sitzt. Dieser Mann ist für die Banken mehr wert als für die Stasi einst ein Spion im Arbeitszimmer von Willy Brandt.

Der IWF besteht auf voller Zahlung der Schulden Argentiniens. Dies hat einen einfachen Grund: Die Schulden sind ein lohnendes Geschäft für Banken, Rentenkassen und Versicherungen. Wo sonst bekommt man auf seine Anlagen eine Rendite von 15 Prozent, wie sie der argentinische Staat auf einige Papiere als Zinsen bezahlt? Und mit dem IWF im Rücken verfügt man sogar noch über einen Geldeintreiber, der das Risiko auf ein Minimum sinken lässt. Nur zum Staatsbankrott darf es nicht kommen, denn dann müssten die Banken ein gut Teil ihrer Forderungen abschreiben. So hat der IWF letztlich nicht Argentinien mit seinen acht Milliarden geholfen, sondern den Gläubigern – allen voran den US-Privatbanken, die dort stark engagiert sind, während die europäischen Geldhäuser mehr Zurückhaltung geübt haben.

Die Rettungsaktion des IWF hat aber auch ideologische Gründe. Zehn Jahre lang hat man in Washington am Reißbrett neoliberale Reformen für Argentinien entworfen. Würde der IWF das Land jetzt fallen lassen, müsste er sein eigenes Scheitern eingestehen. Dies liefe konsequenterweise auf eine Abkehr von der neoliberalen Marktideologie heraus, vor allem der Huldigung der strengen Austeritätspolitik mit ihrem Primat der Inflationsbekämpfung. Doch ein solcher Politikwechsel ist zu viel erwartet von einer Institution, deren Aufgabe es gerade ist, die Hegemonie des Neoliberalismus zu festigen. Lieber schickt der IWF Argentinien mit Volldampf in die Einbahnstraße. INGO MALCHER