Putz dich jung

Südafrikanischer Sound mit Fitnesstipps und bunten Röckchen: Die drei unverwüstlichen Mahotella Queens geben bei den Heimatklängen den würdigen Rausschmeißer – altes Tempodrom ade!

Die drei Damen sind ungefähr so lange im Showbiz wie die Rolling Stones

von ANDREAS BECKER

Fangen wir mit dem Ende an. Am Sonntag ist Schluss mit den Heimatklängen. Und damit ist es auch vorbei mit der Interimsstation Ostbahnhof. Wegen der Querelen um den Lärmschutz für die Körperwelten konnten keine weiteren Konzerte mehr geplant werden. Deshalb findet am Samstag, den 1. September, ein Tempodrom-Reste-Flohmarkt statt. Sogar das kleine Zelt steht zum Verkauf – nachdem das große und die meisten Zirkuswageen ja schon auf dem Parkplatz vor Schröders Schloss versteigert worden waren. Tempodrom ade. Im Winter eröffnet Irene Mössinger dann das neue Tempodrom am Anhalter Bahnhof.

Die Macher der Heimatklänge sehen das Ende am Ostbahnhof gewohnt unsentimental. Man hat sich zwar wohl an den Ort gewöhnt, aber für Teile der Community gerade afrikanischer Bands ist der Ostbahnhof nun einmal in einer Art No-Go-Area gelegen. Wohl auch deshalb waren bei den Bands der letzten Wochen nur wenige Fans aus den Heimatländern vor der Bühne.

Die Mahotella Queens machen den Abschied noch mal zur Party. Drei nicht mehr ganz junge Damen in kurzen bunten Röckchen werfen alles, was sie haben, in die Waagschale. Das ist nicht gerade wenig. Hilda Tloubatla und ihre Kolleginnen aus Südafrika halten zwischen den Songs Vorträge übers Altern beziehungsweise Methoden des ewigen Jungseins. Um fünf Uhr morgens aufzustehen und dann das Haus zu putzen, empfehlen sie besonders den Männern im Zelt.

Die scheinen sich an diese Ratschläge nicht gehalten zu haben. In der Bandgeschichte sind die meisten der Männer weggestorben. Die Damen sind allerdings auch schon ungefähr so lange im Showbiz wie die Rolling Stones. Nur sind sie häufiger auf Tour – jetzt kommen sie gerade aus den USA. Seit 1964 spielen sie zusammen und waren bis zum Tod des Sängers Mahlathini – vor zwei Jahren – mit ihm unterwegs gewesen.

Für Ende-Fünfzig-Jährige jedenfalls wirbeln die drei Damen vom Fitnessverein ziemlich wild herum. Die Männer, teilweise in spärlicher Tracht mit lustigem Kopfschmuck vor den Augen und Lederlendenschurz, machen auch kein schlechtes Bild. Besonders angenehm die hoch gestimmten Gitarren, die den typisch südafrikanischen Sound herstellen. „Where have you been in 1964?“, fragt eine der Damen uns noch mal. Tja, wenn wir da überhaupt schon irgendwo waren, dann in der Sandkiste. Leider nicht dabei sein kann der angekündigte Joe Nina, der sich bei einem Autounfall beide Beine brach. Christoph Borkowsky von den Heimatklängen meint denn auch, das sei eine typische Musikerkrankheit für Südafrika, wo der Straßenverkehr wohl recht unwirsch durchgeführt wird. Aber auch ohne ihn werden die Mahotella Queens bis Sonntag einen würdigen Rausschmeißer für die Heimatklänge bieten, die in diesem Jahr einige echte Highlights zu bieten hatten und auch ein wenig Mittelmaß. Ich würde mal wetten, dass auch Nichtnostalgiker im nächsten Jahr von dem tollen Ort am Ostbahnhof schwärmen werden. Möchte nicht jemand das Zelt kaufen und dem neuen Tempodrom Konkurrenz machen?

Heimatklänge im Tempodrom am Ostbahnhof mit den Mahotella Queens, heute und Sa 21.30, So 16 Uhr, Tempodrom-Flohmarkt am 1. 9. um 13 Uhr