Bis der Daumen grün wird: Wie mensch die scharfen Dinger selber groß zieht
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Deutschland ist tiefe Chiliprovinz. Da baut der wahre Würzer seine scharfen Dinger eben selber an. Zugegeben: Das ist deutlich schwieriger, als Grünlilienableger oder Avocadokerne zu bewurzeln. Aber Legionen von Marihuanapflanzern haben auf Kreuzberger Dachterrassen ihre Lernfähigkeit bewiesen. Der grüne Daumen kommt ganz von selbst, wenn mensch sich nur Mühe gibt.

Zunächst: Wir brauchen Samen! Und noch vor dem Samen einen Zeitplan. Und zuallererst: Zuspruch, Ermutigung, Begeisterung. Das alles zusammen verbreitet die Chilihomepage www.chilipepper.de, die ausführliche Ratschläge zur Anzucht bereithält. Auf dieser schönen Homepagne findet auch ein Samentausch statt, allerdings kein Samenraub (hallo Boris!). Die Sorte „Cayenne“ (Schärfegrad 8) wird in vielen Saatgutversandhäusern und auch beim Saatguthändler vertrieben. Etwas schwieriger wird es, an die Sorten California Wonder, Gypsy, Mexi-Bell oder Hungarian Yellow Wax Hot ranzukommen. Wer im Versandhandel nichts findet, kann Urlaubsreisende um Samenmitbringsel anhauen oder auf den Samentausch bei „Chilipepper“ zurückgreifen.

Alles andere kennen wir noch aus der Marihuana-Epoche: Samen keimen lassen, in kleinen Jiffytöpfen ansetzen, pikieren, langsam abhärten, auspflanzen, hingebungsvoll pflegen, dann ernten, trocknen und zum Schluss ein rauschendes Fest feiern. Wichtig ist nur: Chilis brauchen viel Licht und Sonne, sie reagieren recht empfindlich auf zu viel, aber auch auf zu wenig Wasser. Also regelmäßig und sparsam gießen. Vor dem Urlaub dem Nachbarn ein Fläschchen Wein schenken, dann klappt’s auch mit dem Gießen. Leider sind Chilis nicht leicht über den Winter zu bekommen, wie unsere Autorin Karin Küppers leidvoll erfahren hat. Chilipflanzen mögen es im Winter gerne hell, kalt und möglichst trocken. Nicht jeder hat einen Wintergarten. Helle Treppenhäuser sind womöglich eine gute Lösung.

Ziemlich lustig fanden wir den Hinweis, die Chilis acht Wochen „vor dem letzten Frost“ im kleinen Heimgewächshaus auszusäen. Wie wissen wir, wann im nächsten Winter der letzte Frosttag angesagt ist? Das Eintreffen von Zugvögeln beobachten? Die Langzeitprognosen der Wetterämter anfordern? Oder einfach nach Gefühl? „Chilipepper“ propagiert die Orientierung an langjährigen Mittelwerten. Na ja. Der Zeitplan ist übrigens wichtig, um den Sämlingen eine optimal helle Vegetationsperiode zu spendieren.

Ansonsten gilt: Selbst in der Wohnung, so behaupten Zuchtexperten, sei an einem Südfenster die Hoffnung auf eine eigene Ernte nicht ganz aussichtslos. Hier muss der Pflanzer allerdings auch noch die Aufgabe des Insekts übernehmen und die Pflänzchen pinselhaarig bestäuben. Chilis können übrigens, ob grün, gelb oder rot, in jedem Stadium geerntet werden. Bei späterer Ernte haben die Früchte allerdings mehr Aroma. Wer also den endgültigen Bohneneintopf mit original homemade hot thunderstorm sauce servieren will, mache sich schon jetzt auf Samensuche. Der nächste Frühling kommt, die Chilisamen schlagen aus. -man-