Fleißige Imme – endlich entlarvt

■ Honiggewinnung ist in erster Linie eine klebrige Angelegenheit. Und alles muss schnell gehen

Dass Bienen fleißig sind, wird gern erzählt. Tatsächlich aber wären sie viel lieber faul, und deshalb ist bei der Honigernte flinkes Handeln gefordert: Haben Bienen erstmal spitz gekriegt, dass die fremde Honigwabe schutzlos zugänglich ist, plündern sie hemmungslos und gewalttätig bei den eigenen Artgenossen. Die aus den Zargen (die einzelnen Außenwände, aus denen ein Bienenstock besteht) genommenen Waben müssen also zügig abgedeckt werden.

Denn ernten wollte natürlich ich. Dazu müssen zunächst die gefüllten und mit einem Wachsdeckel versiegelten Honigwaben aus den Beuten – so wird der Stock fachsprachlich genannt – geholt und die darauf rumkrabbelnden Bienen vorsichtig abgeschüttelt werden. Nach einer guten Stunde, bei Inga, auch Jungimkerin, und mir dauert alles noch ein wenig länger, hatten wir die drei Völker durchgesehen, etwa 30 mehr oder minder gefüllte Honigwaben eingepackt und zur Honigschleuder transportiert. Auch das muss schnell gehen, sonst werden die Waben zu kalt und der Honig zu fest. Schließlich herrscht in den Beuten eine Temperatur von ca. 36 Grad – die Temperatur, bei der Honig lange flüssig bleibt.

Das ganze Prozedere – die Waben müssen beidseitig von ihren Wachsdeckeln befreit und in der Schleuder mehrmals gewendet werden – ist eine reichlich klebrige Angelegenheit. Nach dem Schleudern wird der Honig durch ein sehr feines Sieb gefiltert und ruht ein paar Tage in seinen Edelstahleimern, damit Restverschmutzungen und Schaum, die sich auf der Oberfläche ablagern, noch abgeschöpft werden können. Sobald er anfängt zu kristallisieren, wird er vor der Abfüllung mehrfach mit einem Buchenholzstab gerührt, bis er eine perlmuttartige Konsistenz hat.

Das dauert seine Zeit, wir bekamen jedoch gleich ein Glas Honig mit. Und das hatte ich mir nach zehn Theorieabenden, einem Königinnenmord, reichlich Schweiß und einem guten Dutzend Stiche auch verdient.

Hans-Martin Kühnel