Donnergrollen

■ As they like it: Theaterkritiker brechen Stab über Hamburger Schauspielhaus

Wie sagte Thalia-Intendant Ulrich Khuon doch einmal so schön: „Preisverleihungen sind immer irgendwie ungerecht. Und deswegen macht es gar keinen rechten Spaß, in solchen Gremien zu sitzen.“ Und wenn man drin säße – würde man seine Meinung genügend vertreten wissen? Zweifelhaft.

Zweifelhaft auch, welche Kriterien jene 41 Kritiker der Zeitschrift Theater heute anlegten, als sie das Hamburger Schauspielhaus zum „Ärgernis der Saison“ kürten. Denn so einhellig auch die Kritikerstimmen scheinen: Sollten sie die Protestlautstärke des Hamburger Publikums zum Maß aller Dinge erhoben haben? Oder die – zugegeben – teils überzogenen Schauspielhaus-Versuche, etwa mit vier Eingangspremieren und möglichst vielen Jungregisseuren trendy zu sein?

Und hört man vielleicht im Hintergrund das Grollen jener, die sich mit der Ästhetik der Mittdreißiger-Regisseure nicht anfreunden wollen? Schwingt Neid mit in einem solchen Kritikervotum, weil Intendant Tom Stromberg – etwa mit René Pollesch, dem Preisträger der Mülheimer Theatertage – ein sprachgewaltiges, zügig formulierendes Talent nach Hamburg zog, dessen Rhythmus das arrivierte Publikum nicht folgen konnte?

Mag alles sein. Möglich auch, dass sich das, was Stromberg veranstaltete, allzu krass von den dezenteren Innovationen seines Vorgängers Frank Baumbauer unterschied. Denkbar ist aber auch Profaneres: dass sich die 41 Juroren in der Gemeinschaft der Schauspielhaus-Verreißer (man erinnert sich: Das gab landauf, medienab dankbaren Stoff für Wochen!) so angenehm mainstreammäßig wohl fühlen. Und dass jeder Einzelne von ihnen fürchtet, sich als Sympathisant einer Regisseursriege zu outen, deren Erfolg zwar nichtberechenbar ist, die sich aber – ob die Befindlichkeit der Generation IT spiegelnd oder fortschreibend – explizit als Seismograph in einer Zeit des Umbruchs definiert.

Petra Schellen