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■ Rosi Rolands Bremer KlatschgeschichtenGegen Wischer

In dieser Woche hat die große Koalition ihre Bausenatorin Christine Wischer (SPD) nach allen Regeln der politischen Kunst hängen lassen: Einstimmig stimmten CDU und SPD gegen ein Papier, das Wischers Baubehörde ausgearbeitet und für gut befunden hatte. Tatort: die Baudeputation. Auf den Zetteln, die nach der Sitzung auf den Tischen liegen blieben, war heftiges und hektisches Gekritzel zu sehen.

Im Zentrum der Baudeputation stand wie so oft der CDU-Baupolitiker Helmut Pflugrad. Die Bausenatorin wollte in einem vorsichtig formulierten Beschlussantrag klarstellen, dass bei stadtplanerischen Entscheidungen Architektur-Wettbewerbe stattfinden. Das wollte der CDU-Politiker nicht.

Die Folge nach den Spielregeln der Koalitions-Kunst: Auch die SPD darf das Antragspapier ihrer Bausenatorin so nicht beschließen. Der Ausweg für Helden in einer derartigen Lage: Man stellt den Antrag gar nicht erst.

„Ich find' den Antrag aber gut“, sagte da Klaus Möhle, grüner Oppositionsmann in der Baudeputation. Und Karin Krusche, ebenfalls grüne Deputierte, auch. Die Grünen erklärten flugs das Papier der Bausenatorin zu „ihrem Antrag“ und sie möchten doch darüber bitte abstimmen lassen.

Tine Wi-scher hätte vor Freude hüpfen können, wenn sie nicht Tine Wischer wäre. Also freute sie sich nicht, sondern kritzelte verwirrt auf einem Papier herum. Und dann kam, was kommen musste: SPD-Baupolitiker Carsten Sieling und Genossen stimmten mit der CDU gegen das, was die Bausenatorin richtig findet. Dass sie aber in Wahrheit gut finden, was sie gerade abgelehnt hatten, erklärten sie unter Protest die umstrittenen Sätze zur „Protokollnotiz“.

Die politische Kunst fand ihren Höhepunkt in der Pressemitteilung, die Carsten Sieling nach der Sitzung verschickte: Der SPD-Politiker verschweigt dabei, dass er die Beschluss-vorlage der Bausenatorin zusammen mit der CDU abgelehnt hatte, und geißelt unverdrossen die CDU. Architektenwettbewerbe, so Carsten Sielings Begründung, könnten doch zu Anregungen führen, die von dem Ämtern der Bausenatorin nicht zu erwarten wären.

Hatte das der CDU-Politiker nicht begriffen und verstehe ich die hohe politische Kunst nicht, fragt sich einigermaßen verwirrt

Ihre Rosi Roland

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