DAS ZEITALTER NACH BIEDENKOPF MUSS SCHON JETZT BEGINNEN
: Sächsische Demokratie

Jetzt sind die Hoffnungsträger der CDU in Sachsen angetreten: Bevor ein neuer Landesvorsitzender gewählt wird, stellen sich die Kandidaten dem Parteivolk auf drei Regionalkonferenzen. Aus dem Kabinett kommt Steffen Flath, seines Zeichens Erzgebirgler und Landwirtschaftsminister, aus der innerparteilichen Opposition der Sauerländer und Exfinanzminister Georg Milbradt. Flath wurde von Kurt Biedenkopf persönlich ins Rennen geschickt, Milbradt nach zehn Jahren vom Sachsen-Regenten persönlich aus dem Amt gemobbt. Diese Konstellation macht klar, worüber die Delegierten am 15. September entscheiden: Entweder beginnt die sächsische Union das Zeitalter nach Biedenkopf schon jetzt, oder aber sie restauriert die Herrschaft des Monarchen.

Kurt Biedenkopf, für den Partei nie Heimat, allenfalls Instrument war, hat sich an der Elbe geschickt eingerichtet. Nicht nur, dass sein Adlatus Fritz Hähle der Unionsfraktion vorsteht – Biedenkopf installierte ihn auch als Parteichef. Die Partei, das bin ich: Regieren in Sachsen erscheint uns nur deshalb derart monarchisch, weil die CDU hier gleichgeschaltet ist. Kritik an seiner Amtsführung? Kennt Biedenkopf allenfalls aus Oppositionsreihen. Und die sind an der Elbe bekanntlich nicht sehr machtvoll.

Um seine Kritiker weiterhin zu zähmen, hat Biedenkopf jetzt seine Helfer ausgesandt, den Herausforderer Milbradt zu bekämpfen. Mal streut die Staatskanzlei Gerüchte über Postenschacherei, mit der sich der Exfinanzminister Stimmen sichern möchte, mal kursieren Erklärungen, nach denen die Sachsen „geborene Kapitalisten“ wie Milbradt satt haben. Und Hähle erklärte eine Wahl Milbradts gar zum „Misstrauensvotum gegen Biedenkopf“.

Folgen dem die Delegierten und votieren sie für Flath, bleibt alles beim Alten. Entscheiden sie sich aber für Milbradt, wird die Partei aus Biedenkopfs Schatten treten. Klar ist nämlich: Der Gewinner hat beste Karten, nächster Ministerpräsident von Sachsen zu werden. Allerdings muss sich der neue Parteichef bis zur Sachsenwahl 2004 gehörig profilieren. Flath wird das auf repräsentativem Weg vom Kabinettstisch aus versuchen. Einem Parteichef Milbradt aber bleibt nichts anderes, als sich inhaltlich in Politik einzumischen. Nichts scheut Biedenkopf so sehr wie das: einen designierten Nachfolger, der seine Arbeit hinterfragt.

Noch liegt Milbradt in der Gunst der Basis vorn. Gut für die CDU in Sachsen. Denn die Ära nach Biedenkopf darf nicht erst mit dessen Abtritt beginnen. Sonst könnte es ihr gehen wie der Bundes-CDU nach Helmut Kohls Abgang. NICK REIMER