Mazedonien bringt Merkel in Gefahr

Die Mehrheit im Bundestag steht: Die FDP will dem Mazedonieneinsatz der Bundeswehr zustimmen, weil der Kanzler ein wenig mehr Geld bereitstellt. Nur CDU-Chefin Angela Merkel ringt noch mit der Regierung – und ihrer Partei

von PATRIK SCHWARZ

Das Robben durch unübersichtliches Gelände hat längst begonnen. Nicht für die Bundeswehrsoldaten in Mazedonien allerdings, sondern für Angela Merkel und ihre Truppe von der CDU. Für Merkel stehen die Reste ihrer Autorität als Parteivorsitzender und möglicher Kanzlerkandidatin auf dem Spiel: Obwohl bereits am Mittwoch die Abstimmung über den Mazedonieneinsatz im Bundestag ansteht, weiß die Union immer noch nicht, ob sie zustimmen oder ablehnen will.

Weil die CDU in ihrem Selbstverständnis immer die staatstragendste Partei der Republik war, droht ihr bei einem Nein eine Identitätsdebatte, die im Extremfall sogar den Kopf der Vorsitzenden kosten könnte.

Zum Beginn des Wochenendes vertiefte sich nun der feine Riss zwischen Exverteidigungsminister Volker Rühe und Unionsfraktionschef Friedrich Merz einerseits und der CDU-Vorsitzenden andererseits. Die beiden Männer legten Partei und Fraktion gestern erneut auf ein Nein fest, während Merkel am selben Tag versuchte, eine vorsichtige Umkehr einzuleiten.

Demonstrativ hoffnungsvoll äußerte sie sich zur Ankündigung der Regierung, unter bestimmten Bedingungen doch ein wenig mehr Geld für den Bundeswehreinsatz bereitzustellen, als die bereits zugesagten 135 Millionen Mark. Mit der bisherigen Forderung der Union hat das rot-grüne Angebot wenig zu tun: CDU und CSU verlangen den „Einstieg“ in eine grundlegend bessere Ausstattung der Bundeswehr auch über die Mazedonien-Operation hinaus.

Dazu ist Rot-Grün weiterhin nicht bereit, allerdings sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder am Donnerstagabend nach einem Gespräch mit FDP-Chef Guido Westerwelle zu, die 135 Millionen Mark aufzustocken, falls es die Sicherheit der Soldaten erfordere.

Obwohl Regierungssprecher Uwe Karsten Heye sofort klarstellte, die Regierung gehe nicht davon aus, dass eine Aufstockung der Mittel tatsächlich nötig sein werde, gilt jetzt sowohl die Zustimmung der FDP als sicher wie auch die Mehrheit im Bundestag. Bliebe die Union bei ihrem Nein, befände sie sich bei der Abstimmung in einem Lager mit der PDS und der Gruppe rot-grüner Einsatzgegner – eine Gesellschaft, die vielen Christdemokraten aufstößt.

Außenminister Joschka Fischer vergrößerte gestern die Nöte der Opposition, indem er den Einsatz als Bewährungsprobe für den Fortschritt bei der europäischen Zusammenarbeit in Militärfragen beschrieb – ein Prozess, welcher der Partei von Europakanzler Kohl am Herzen liegt. „Wir reden hier nicht nur über humanitäre Aspekte“, sagte Fischer, der Einsatz in Mazedonien sei vielmehr auch ein Testfall für „ein neues Verhältnis zwischen Nato und EU.“

Fischer bestritt, dass es ein logischer Widerspruch sei, Nato-Soldaten zu entsenden und gleichzeitig zu behaupten, die Rebellen wollten ihre Waffen freiwillig abgeben: „Wer sagt, das könnte das Technische Hilfswerk machen, der hat keine Ahnung vom Balkan.“ Mit Blick auf die Unschlüssigkeit der Union warnte er, gerade in Washington werde die innenpolitische Debatte in Deutschland aufmerksam verfolgt. „Die Opposition tut gerade so, als sei das Konzept der Bündnissolidarität eine Erfindung von Rot-Grün!“