„Keiner will diese Richtlinie“

■ Die EU-Kommission verleidet die Lust am Lotsen

Noch bestehen für das Lotsen und Schleppen von Schiffen vielerorts Monopole. Die EU will jezt mit einer neuen Richtlinie mehr Wettbewerb in Europas Häfen erzwingen.

Im Hafenausschuss hagelte es dafür am Freitag Kritik: Der Vertreter des Häfensenators, Konrad Gisevius, begrüßte die Liberalisierung zwar grundsätzlich, hält aber die von der EU-Kommission geplante Richtlinie für viel zu kompliziert. Mit derartigen Vorschriften werde der Hafenalltag gelähmt.

Die europäischen Häfen konkurrieren bereits hart, beteuerte der ebenfalls geladene Verband der deutschen Seehafenbetriebe. Beweis: In Asien und den USA seien die Kosten zwei- bis dreimal so hoch wie in Europa. Die kontraproduktive Richtlinie werde die Kosten auch hier wieder in die Höhe treiben.

Der Bundesverband der See- und Hafenlotsen sorgte sich indes um die Qualität der Lotsenausbildung. Die vorgesehene zeitliche Begrenzung der Lizenzen verschlechtert die Berufsperspektiven der Lotsen. Wer hat dann noch Lust, fragt der Berufsverband, die über zwölfjährige Ausbildung auf sich zu nehmen? Die Folgen einer Privatisierung des Lotsens zeigten sich in Australien: Durch den verschärften Wettbewerb unter den Lotsen häufen sich am Barrier-Riff die Unfälle, denn die Lotsen seien überarbeitet und müde.

Die Gewerkschaft ver.di erwartet ebenfalls „katastrophale Folgen“: Die Schiffsbesatzungen würden schrumpfen und der „soziale Frieden in den deutschen Häfen“ gehe baden. Nur die Deutschen Reeder sind für die Richtlinie, die ihnen niedrigere Gebühren bescheren soll. Gisevius sieht keine Chance, die Richtlinie noch zu versenken, bevor sie durch das EU-Parlament gelotst wird.

THB