Gesundheit der Schüler geht vor

Gestern stellten Stadtentwicklungssenator Peter Strieder und Schulsenator Klaus Böger ihr Modernisierungsprogramm für Berliner Schulen vor. Alle Fragen drehten sich aber nur um Krebs erregende Mikrofasern und den gefährdeten Schulbeginn

von KIRSTEN KÜPPERS

Es trifft sich unglücklich, wenn so etwas ausgerechnet im Wahlkampf herauskommt: Ende vergangener Woche wurden bei Bauarbeiten an der Werner-Seelenbinder-Schule in Hohenschönhausen Krebs erregende Mineralfasern gefunden. Möglicherweise bedrohen diese Fasern die Gesundheit vieler Schüler – zumindest all derer, die in einem der etwa 200 Plattenbauten vom Typ „SK Berlin“ unterrichtet werden. Dort wurden die gefährlichen Fasern zu DDR-Zeiten als Dämmmaterial eingebaut.

Es besteht also Anlass zur Beunruhigung. Das passt dem SPD-Schulsenator Klaus Böger und Parteikollege Stadtentwicklungssenator Peter Strieder nicht gut in den Plan, wollten sie doch gestern der Presse auf einer Bustour eigentlich ihr erfolgreiches Sanierungskonzept für Schulen und Sportstätten vorführen. Angesichts der Mikrofaser-Gefahr interessierten sich die Medien allerdings nur peripher für das schöne Erneuerungsprogramm.

Stattdessen musste Klaus Böger immer wieder zwischen Einsteigen in den klimatisierten Bus und Aussteigen vor der nächsten instand gesetzten Turnhalle über die Hohenschönhauser Mikrofaser Auskunft geben: Ja, das Landesschulamt lasse derzeit die 14 Schulen und Oberstufenzentren überprüfen, die dem Land direkt unterstehen, sagte er. Vom Ergebnis der Messungen am Mittwoch will Böger das weitere Vorgehen abhängig machen. Wenn die Untersuchung der Raumluft eine gesundheitsgefährdende Belastung mit den Krebs erregenden Fasern ergebe, dann „ist Berlin in Not“, gab er zu.

Denn dann könne man „auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ davon ausgehen, dass auch alle anderen Schulen vom Bautyp „SK Berlin“ belastet seien, „dann müssten wir die Schulen schließen“. Der Umkehrschluss gelte indes auch: Bei negativen Messergebnissen in den geprüften Schulen halte er weiterhin alle Lehranstalten für gesundheitlich unbedenklich. Dann könnte der Unterricht wie geplant nächste Woche beginnen. „Im Zweifel geht die Gesundheit von Schülern und Personal natürlich vor“, meinte Böger. So, und nun wolle man aber die nächste Schule aus dem Sanierungsprogramm besichtigen.

270 Millionen Mark hat der Senat im Rahmen des Schul- und Sportstätten-Sanierungsprogramms im Jahr 1999 ausgegeben. Besonders viel sei in sozial belasteten Regionen und im Ostteil der Stadt getan worden, erklärte Strieder. „Die Schule soll der schönste Ort im Kiez werden, damit die Schüler merken, was sie uns wert sind.“ Die beiden Senatoren rechnen mit weiteren 500 Millionen Mark für das Programm bis 2006. Vorrang habe die Sanierung der Gebäude, Dächer und Inneneinrichtungen. Beide Senatsverwaltungen werden im kommenden Jahr eine Prioritätenliste der größten zu behebenden Mängel erstellen.

Die vorletzte Station der Bustour galt der Jahn-Sporthalle in Neukölln. Dort wurde eine Fußbodenheizung mit Hilfe von Senatsgeldern eingebaut. Es ist Wahlkampf. Böger und Strieder machten lachend für die Fotografen einige Liegestütze.