Eine Kultur des Sterbens

Landesinitiative Hospizentwicklung fordert würdevolles Sterben ein  ■ Von Sandra Wilsdorf

Wenn schon sterben, so wünschen sich die meisten Menschen, dann zu Hause. Umgeben von vertrauten Personen und Dingen, ohne Schmerzen, in Würde. Die Realität sieht anders aus: 1999 starben 19.000 HamburgerInnen, 9000 von ihnen in Krankenhäusern, 5200 in Alten- und Pflegeheimen. Umsorgt? Vertraut? Würdevoll? Nur selten. Die Landesinitiative Hos-pizentwicklung hat sich in den vergangenen elf Monaten mit der Frage beschäftigt, warum eigentlich ein würdevolles Sterben keine Selbstverständlichkeit ist.

„Das erste Problem ist jeder von uns selbst. Denn die Verantwortung eines jeden Einzelnen, sich auf das Sterben vorzubereiten, wird nicht übernommen“, sagt Peter Prosche von der Initiative, die im Auftrag von Gesundheitssenatorin Karin Roth (SPD) die Versorgung Sterbender in Hamburg untersucht hat. Die Ergebnisse stellten sie Montagabend im Planetarium vor.

Neben den persönlichen Berührungsängsten sind es vor allem finanzielle und strukturelle Probleme, die ein würdevolles Sterben in vielen Fällen verhindern: In Hamburg stehen ab dem Herbst 40 Betten in stationären Hospizen und 16 Betten in den zwei Palliativstationen zur Verfügung, außerdem gibt es zwei ausgewiesene ambulante Hospizpflegedienste. Schon heute viel zu wenige, urteilen die Experten, und in Zukunft wird sich der Bedarf noch erhöhen. Denn die Menschen werden älter und damit pflegebedürftiger, aber auch einsamer. Wer weder Familie noch Freunde hat, dem bleibt am Ende nur Krankenhaus oder Pflegheim.

In den Krankenhäusern wird sich die Situation weiter verschlechtern, wenn es mit der neuen Vergütungsform ab 2003 noch mehr als jetzt darum geht, die PatientInnen so rasch wie möglich wieder zu entlassen, weil es nur noch Geld für den Fall, nicht aber für die Zahl der Aufenthaltstage gibt. Auch die Palliativstationen sind dann gefährdet, denn das System sieht nicht vor, psychosoziale Betreuung angemessen zu vergüten.

Die Landesinitiative fordert daher die Politik auf, das Hospizwesen auszubauen und zu fördern, besonders im ambulanten Bereich. Darüber hinaus aber wünschen sich die Experten die Entwicklung eines Leitbildes im Umgang mit sterbenden Menschen. Dieses Thema müsse ebenso Eingang in die Curricula der Ausbildungen von Ärzten und Pflegekräften finden wie die Konzepte einer angemessenen Schmerztherapie und einer schmerzlindernden Pflege.

Die Initiative möchte aber vor allem, dass ihre Arbeit auch nach dem Oktober weitergeht. Bis dahin nämlich reicht die Finanzierung durch die Gesundheitsbehörde. Gesundheitssenatorin Karin Roth (SPD) verprach gestern eine Fortsetzung des Landesprogramms, sollte sie nach der Wahl noch im Amt sein. Das Thema sei ihr eine Herzenssache, „wir müssen lernen, mit dem Tod zu leben, wir brauchen eine Sterbekultur“. Das Thema sei nicht selbstverständlich. „und doch trifft es uns alle“.