Hygienisch unter aller Sau

Es reicht! Endgültig! Ein für alle Mal! Eine juristische Klageschrift wider den Sommer

Die dringend empfohlene juristische Prüfung sollte ein gerichtliches Nachspiel haben

Aus guten Gründen und auf Basis empirischer Belege hat die „Wahrheit“ verschiedentlich auf die ästhetischen Unbilden hingewiesen, die der Sommer trotz alljährlicher Ermahnungen stets aufs Neue im Schilde führt. Betreffen diese sorgfältig registrierten Vergehen vorderhand nur das persönliche Empfinden des leidenden Betrachters, so lässt sich der Sommer allerdings auch Dinge zuschulden kommen, die unter Umständen den Arm des Gesetzes in Bewegung setzen und ein gerichtliches Nachspiel haben könnten. Im Folgenden werden die einzelnen Anklagepunkte im Hinblick auf eine dringend empfohlene juristische Prüfung knapp zusammengefasst.

Im Kern und in der Hauptsache ist dem Beklagten vorzuwerfen, dass er ohne Not enorme Kosten verursacht, eine Unart, die gemeinhin nur dem Winter nachgesagt wird. So zwingen die vom Sommer bevorzugten hohen Temperaturen den Durchschnittsbürger, überdurchschnittlich viel zu trinken. Was oberflächlich betrachtet eine dem Genuss förderliche Nebenerscheinung darstellt, im Falle der Verwendung alkoholhaltiger Getränke allerdings verheerende Folgen haben kann und sich obendrein als über alle Maßen kostenträchtiges Vergnügen erweist, zumal bei Berücksichtigung des zweiten Anklagepunktes, der sich auf das vom Sommer mutwillig provozierte Phänomen des Schwitzens bezieht. Für den rücksichtsvollen Normalbürger ist es angezeigt, statt ein- oder zweimal täglich gleich mehrmals am Tag unter die Dusche zu treten, um Geruchsbelästigungen jedweder Art zuvorzukommen. Was, und hier wird das Umweltministerium nachdrücklich aufgefordert, dem Sommer einen Trittin zu versetzen, massiv auf Kosten der wertvollsten Ressource der Menschheit geht: des Trinkwassers.

Des Weiteren ist unter ökologischen Gesichtspunkten äußerst bedenklich, dass mit der andauernden Hitzewelle die staatlichen Sonnenölvorräte angegriffen werden müssen. Neben dem müssen Kühlschränke an heißen Tagen höher gefahren werden und verbrauchen entsprechend mehr Strom. Trotz dieser am Monatsende deutlich spürbaren erhöhten Aufwendungen ist generell ein vorzeitiges Verderben diverser Lebensmittel, vor allem der Milchprodukte, nicht zu vermeiden. Auch dies geht einwandfrei auf die Kappe des Sommers, der überhaupt ein außerordentlich großes hygienisches Problem darstellt, vermehren sich doch dank seiner schlechten Gewohnheiten neben anderen lästigen Insekten auch die so genannten Fruchtfliegen. Wer nicht alle zwei Stunden den Müll entsorgt, läuft bald inmitten schwarzer Wolken sirrender Nervtöter perspektiv- und orientierungslos durch die eigenen vier Wände und womöglich vor die nächstbeste Türklinke. Woraus sich nebenbei ein weiterer ökologischer Anwurf ableiten lässt, denn unter diesen Umständen steigt der Verbrauch an Mülltüten, die im Regelfalle aus rundum schädlichem Plastikmaterial hergestellt sind, in schier unkalkulierbarem Maße.

Summa summarum also richtet der Sommer einen beträchtlichen volkswirtschaftlichen Schaden an, der angesichts einer zurzeit sehr angespannten Situation auf dem Finanzsektor dringende Maßnahmen erforderlich macht. Aus diesem Grunde werden die zuständigen Behörden aufgefordert, dem Sommer die Aufenthaltserlaubnis dauerhaft zu entziehen und ihn schnurstracks dahin zu schicken, wo er hergekommen ist, ehe er sich noch breiter macht und womöglich Nachwuchs in die Welt setzt. Von „brütender“ Hitze ist ja bereits verschiedentlich die Rede. Sollen doch andere Leute zusehen, wie sie mit diesem Mistviech fertig werden . . . HARALD KELLER