Krise beim Sponsering

■ Hat Mercedes der Schule Waller Ring zuviel versprochen? Lehrerin schmeißt Engagement hin: „Dienst nach Vorschrift“ aus Protest gegen Willi Lemke

Schul-Sponsering hat nicht nur Schokoladenseiten, sondern kennt auch ihre Beziehungskrisen. Heute früh will sich der Leiter des Schulzentrums Waller Ring, Peter Kappel, mit Erich Gebhardt, dem Leiter der Niederlassung von Mercedes Benz, zusammensetzen, um zu retten, was zu retten ist.

Seit Beginn dieses Jahres verbindet ein „Sponsering“-Vertrag die Auto-Niederlassung mit der Schule. Der Grund der jplötzlichen Krise: Die Lehrerin Annedotte Joachim, über die die Kontakte zu Mercedes gelaufen waren und die seitdem auch die Ansprechpartnerin für das Schulsponsering war, will nicht mehr. Der entscheidende Grund ist zwar nicht die Enttäuschung über die Partnerschaft, aber die spielt auch eine Rolle. „Nicht ganz so optimal“ sei die Partnerschaft gelaufen, wie sie sich das gedacht hatte und wie es auf der Pressekonferenz unter den glücklichen Blicken des Bildungssenators Willi Lemke (SPD) dargestellt worden war (vergleiche taz 19.3.), gesteht die Lehrerin Joachim. Beispiel: Die Jungens-Klos in der Schule stanken bestialisch. Die Mercedes-Techniker hatten festgestellt, dass es schlicht keine Wasserspülung gab und wollten das unbürokratisch reparieren, wurde auf der Pressekobnferenz im März groß erzählt. Auch der Senator fand das „cool“. Aber bis heute kam von Mercedes nichts. Immerhin hat die Schulbehörde, zu deren Regelaufgabe die Bauerhaltung ja auch eigentlich gehört, einen Teil des Problems repariert.

Zweites Beispiel für die Verärgerung: Die Lehrerin hatte vor einigen Monaten zusammen mit ihrer Klasse die Wände ihres Klassenzimmers abgeschmirgelt, ein Maler von Mercedes sollte mit Farbe kommen und beim Anstreichen helfen – bisher ist da nichts passiert.

So richtig sauer ist die Leherin Joachim aber geworden, als der Bildungssenator den angestellten Lehrern mitteilte: Die jüngeren Lehrer werden verbeamtet, die über 45 Jahre alt sind aber nicht, und dieese bekämen auch keinen Ausgleich zum Mehrverdienst von rund 1.000 Mark im Monat, den Beamte erhalten.

Annelotte Joachim ist stocksauer. „Wir Angestellten werden jetzt Dienst nach Vorschrift machen“, sagt sie. Nicht, weil sie unbedingt auch Beamtin werden will – „da hätte ich ja kein Streikrecht“. Sondern weil es keinen finanziellen Ausgleich gibt. Wenn der Dienstvorgesetzte den gleichen Lohn für gleiche Arbeit verweigert, dann will sie ihr Engagement über die normale Arbeit hinaus einstellen.

Unter den Angestellten wird diskutiert, die unbezahlte Mehrarbeit abzulehnen, die mit der Fachbereichsleitung abgestimmt ist, wie zum Beispiel die mit Klassenfahrten verbundene unbezahlte Mehrarbeit. „Dienst nach Vorschrift“ eben. Für die Lehrerin Joachim heißt das: Zuallererst, das zeitaufwändige Engagement mit dem Sponsoring-Partner beenden.

Schulleiter Peter Kappel sieht die Arbeit des Sponsor-Partners gelassener. Mercedes habe Werkzeug gespendet und Geld, lobt er den Partner. Schüler würden bei der Niederlassung leichter Praktika bekommen. Es habe zudem für die Lehrer einen „Fachtag“ in der Niederlassung gegeben, in denen sie aus der Praxis erfahren haben, was von ihren Hauptschulabsolventen erwartet wird. Das sei vielleicht sogar wichtiger als ein Topf Farbe, sagt der Schulleiter, und: „Ich habe Interesse, dass das weiter geht.“ Klaus Wolschner