„Raus aus dem Off“

■ Eike Besuden und Pago Balke drehen „Siehste“ – einen Film über das Überwinden von Ghetto-Mauern

7.30 Uhr, Parkstraße, Bremer Regen. Wir warten auf den Gelenkbus. Er soll uns nach Duhnen bringen, damit wir dort durch's Watt laufen können. Um mich geht's natürlich nicht, sondern um rund 50 BewohnerInnen von betreuten Heimen. Sie sind die Statisterie für „Siehste“, das Filmprojekt von Eike Besuden und Pago Balke. Heute steht also der berühmte Heimausflug auf dem Drehplan, den Paula, Frank und Philip zum Türmen nutzen (siehe „Story“-Kasten).

Auch im Bus, der uns irgendwann dem Bremer Klima entrissen hat, herrscht Ausflugs-Stimmung. In Vegesack steigt noch eine Gruppe Bewohner und Betreuer aus Haus Friedehorst zu, Dann die Autobahn nach Cuxhaven. Langsam steigt erste Film-Nervosität auf. Die Set-AssistenInnen beginnen ihre Kleider-Kontrollen: Wer zu blaustichig oder sonstwie grell angezogen ist, muss Braungetöntes überstreifen – das Kameraauge ist empfindlich – „und nachher muss alles schnell gehen!“

Ankunft in Duhnen: Gummistiefelausgabe, ab ins Watt! Drei Stunden werden wir hinter Martin Lüttge („Ich bin der fiese Heimleiter Kollakowski“) her laufen, uns mit „Werkstattleiterin“ Corinna Harfouch im Schlamm wälzen („Ich bin ein Wattwurm“). Die Prominenz fühlt sich sichtlich wohl am windgepeitschten Set. Lüttge: „Der Tatort ist dagegen langweilig.“ Auch Eike Besuden ist's hier ganz bestimmt nicht langweilig. Man muss ganz schön auf Trab sein, um mit Kamermann Piotr Lenar mitzuhalten. Wild schwenkt er sich durch die Wattlandschaft („Wir wollen den Schauspielern möglichst viel kreativen Raum lassen“), da muss man immer schön dahinter bleiben.

Es ist Eike Besudens erster Spielfilm. Bisher hat er Fernseh-Dokus gedreht und dabei seinen jetzigen Mit-Regisseur Pago Balke kennengelernt: Beim Filmen von Blaumeier-Theaterproduktionen wie „Fast Faust“. Da entstand die Filmidee – „Blaumeier-Kino“. Ein Roadmovie über das Austesten von Grenzen und über Fähigkeiten, die nicht zugetraut werden.

Grundlage für den Dreh ist die siebte Fassung des Drehbuchs. Seit vier Jahren entwickeln die beiden den Plot („Ab der dritten Fassung waren wir zufrieden“), jetzt steht er – im Gegensatz zur Finanzierung. Von den ursprünglich eingeplanten drei Millionen fehlt die Hälfte (siehe Interview).

Doch das hemmt Filmemacher und Komparsen keineswegs. In der stürmischen Nordsee-Luft wird unermüdlich gewandert, geschlammschlachtet, gedreht – und bei der Rückfahrt zeigen sich erste Lernerfolge: Listig hat sich ein Heimbewohner aus Rotenburg im Bremer Bus versteckt ... Henning Bleyl

Spenden für das Filmprojekt können auf das Konto 707 89 18 bei der Sparkasse Bremen (BLZ 290 501 01) Stichwort „Siehste“ (Spendername angeben) überwiesen werden