Weg mit monumentösen Betonbrücken

■ In Kattenturm wird seit zehn Jahren saniert: Heute wird gefeiert / Vor allem für Kinder muss mehr passieren

Anke Leisner-Beckmann blättert etwas ratlos durch eine Senats-Broschüre über zehn Jahre Sanierung in Kattenturm: „In den letzten Jahren ist hier schon einiges passiert – das stimmt. Aber was sollen wir hier mit so einem bunten Heft?“

Als Kattenturm-Mitte 1991 zum Sanierungsgebiet erklärt wurde, ging es vor allem um die „städtebauliche Sanierung des Zentrums“, die „Verbesserung des Wohnumfeldes“ und die „Ergänzung der sozialen und kulturellen Infrastruktur“. Also das Ausbügeln von Bausünden aus den 60er Jahren, als Städteplaner von der „autogerechten Stadt“ träumten.

„Monumentöse Betonbrücken als einziger Zugang zum Einkaufszentrum und das Vergessen eines Kinderspielplatzes beim Bau des Stadtteils“, fallen Eberhard Röttgers vom Stadtteilprojekt ein. Diese Probleme sind heute gelöst.

Kattenturm vor der Sanierung: Das waren zertrampelte Vorgärten und heruntergekommene Gewoba-Häuser – „es sah einfach elend aus“, meint Röttgers. Heute sind 11 Millionen Mark Städtebauförderungsmittel und knapp 40 Millionen Mark von privaten Investoren für die 6.000 Kattenturmer geflossen. Also alles paletti?

Für Kinder und Jugendliche waren gerade mal 1,5 Millionen Mark übrig: zum Beispiel für Rutschen und Schaukeln auf dem Schulgelände Stichnathstraße. Oder für den „Fun-Park“ mit Skater-Bahn und Mountain-Bike-Hügel. Aus dem Bretterverschlag „AWO-Bude“ ist ein richtiges Jugendhaus mit regelmäßigen Angeboten geworden.

Anke Leisner-Beckmann ärgert sich nicht nur über das bunte Heft in ihren Händen. „Es sind viele kleine Schritte in die richtige Richtung gemacht worden – aber es reicht einfach nicht“, sagt die Mitarbeiterin eines Kinderhorts. Richtig zornig ist sie über eine Metallspirale, mit der die Kinder Wasser an einem Spielhügel hinaufpumpen sollen. Der Haken: Es fehlt die zugehörige Grundwasserpumpe. So läßt sich das Bassin am Fuß der Spirale nur mit einem Gartenschlauch füllen. Das rund 100.000 Mark teure Gerät kann nur mit großen Mühen bedient werden – eine Fehlinvestition.

„Da ist einfach viel zu kurz gedacht worden“, ärgert sich die Hortnerin. Das Geld wäre anders besser angelegt gewesen: Im Jahr hat der Hort für 20 Kinder gerade mal 1.000 Mark für Bastelmaterial.

Dass die getroffenen Maßnahmen gerade für Kinder und Jugendliche noch nicht reichen, sieht der Mann vom Stadtteilprojekt genauso. Eberhard Röttgers hat genug von Schulhöfen und Spielplätzen. Er will jetzt nicht noch mehr „umzäunten Flächen“, sondern die Straßen des Hochhausgebiets „bespielbar“ machen: „Erwachsene und Kinder könnten die vorhandenen Plätze zum Federball- oder Bocciaspielen nutzen.“ Da komme man auch leichter mit dem Nachbarn ins Plaudern. Andererseits weiß Röttgers selbst, dass in Kattenturm sage und schreibe 74 Nationalitäten leben. Und die müssen erst einmal eine gleiche Sprache sprechen, um plaudern zu können.

In Kattenturm hat sich was getan, da sind sich alle einig. Aber: Viele Schwierigkeiten beseitigen sich nicht mit dem Abriß von Brücken oder dem Aufstellen von Klettergerüsten. „Und dass es zuwenig Sozialarbeiter gibt, hat sich nicht geändert“, stellt Leisner-Beckmann fest.

Nach zehn Jahren Sanierung wird heute in Kattenturm gefeiert: Zwischen 15 und 17.30 Uhr gibt es Kaffee und Kuchen auf dem Cato-Bontjes-van-Beek-Platz, die Gruppe „Eckeneppeken“ singt Moritaten. Stargast ist Bausenatorin Christine Wischer (SPD). Vielleicht können die Kattenturmer bei ihr ja noch ein paar Mark für neue Projekte locker machen.

Ulrike Bendrat