Neue Steine für junge Beine

Neue Struktur, alte Philosophie: Heute wird die niegelnagelneue und schwer ökologische Freiburger Fußballschule eröffnet. Und der DFB bedankt sich für die Aufbauarbeit artig mit dem EM-Qualifikationsspiel der U 21 gegen England

FREIBURG taz ■ Augsburg wird es verschmerzen müssen. Der Zuschlag für das EM-Qualifikationsspiel der U-21-Nationalmannschaft gegen England (19.30 Uhr live im DSF) war bereits nach Bayern vergeben, als der Deutsche Fußball-Bund (DFB) plötzlich doch noch Freiburg in Betracht zog. Der quirlige Manager des dortigen Sportclubs, Andreas Rettig, wirkte schließlich so erfolgreich auf den Verband ein, dass das Länderspiel der Jugendnationalmannschaft nun im Dreisamstadion stattfindet.

Ein Coup zur rechten Zeit am richtigen Ort. Mit Tobias Willi, Ferydoon Zandi, Florian Bruns und Fabian Gerber gehören vier Freiburger Spieler dem U-21-Team an, aber vor allem die Eröffnung des 21 Millionen Mark teuren Nachwuchszentrums, der Freiburger Fußballschule, hat den DFB bewogen, das Spiel kurzfristig zu verlegen. „Es gibt keinen geeigneteren Ort als Freiburg für ein U-21-Länderspiel“, schwärmt Hannes Löhr, Coach des deutschen Nachwuchses.

Löhr ist nur ein Verehrer von vielen. Leverkusens Finanzmanager Wolfgang Holzhäuser schätzt die Arbeit des vermeintlich Kleinen schon länger: „Wenn ich mein Geld in eine Fußballaktie investieren müsste, würde ich die Papiere des SC Freiburg kaufen.“ Unter dem Motto „Steine statt Beine“ setzt der Verein in erster Linie auf infrastrukturelle Maßnahmen statt auf die kurzfristige Verstärkung des Profikaders. „Wir schaffen uns ein Arbeitsumfeld, das uns selbst im Falle eines sportlichen Abstiegs als Grundlage für eine professionelle Arbeit dient“, sagt Andreas Bornemann, Leiter der Fußballschule. Profitrainer Volker Finke setzt dabei schon länger verstärkt auf die Nachwuchsarbeit. „Früher“, sagt Finke, „hatten wir durch unser Spielsystem immer einen Mann mehr im Mittelfeld, das ist vorbei. Umso mehr sind wir jetzt auf technisch hervorragend ausgebildete Fußballer angewiesen. Dafür brauchen wir eine gute Infrastruktur.“ Der fließende Übergang zwischen den Amateuren und der ohnehin jüngsten Mannschaft der Bundesliga gilt als Basis für die große Zahl an talentierten Spielern, die es bis in die Stammformation geschafft haben. „Am großen Geldrad können wir nicht mitdrehen“, so Finke, „aber warum soll der Sportclub auf dem Gebiet der Ausbildung nicht mit den Großen in Konkurrenz treten?“

Nach dem steten Kokettieren mit dem Status des vermeintlich Kleinen darf spätestens mit der Eröffnung der Fußballschule eine neue Schallplatte von den Verantwortlichen des SC Freiburg aufgelegt werden. Längst ist man aufgrund der progressiven Arbeit der Vereinsführung um Präsident Achim Stocker, Rettig und Finke in der neuen Mitte der Bundesliga angekommen. Sportlicher Erfolg mag nicht planbar sein, aber schaden kann es nicht, die komplette Jugendabteilung künftig im Mösle-Stadion für die Zukunft zu trimmen.

„Ende September, Anfang Oktober werden wir komplett umziehen“, sagt Bornemann. Zwölf Spieler werden anfänglich die modernen Räumlichkeiten im Mösle beziehen. Vier Trainingsplätze, einer davon mit Heizung, hauptamtliche Jugendtrainer, eine unterirdische Sporthalle, Entmüdungsbecken, Massage- und Schulungsräume stehen den Mannschaften von der D-Jugend bis zu den Amateuren zur Verfügung. Zuvor waren die Jugendmannschaften auf Fußballplätzen in der gesamten Region verteilt. „Wenn durch die nun verbesserten Rahmenbedingungen alle eng beisammen sind, erleichtert sich die Trainingsarbeit“, sagt Amateurtrainer Karsten Neitzel. Auch ökologisch geht man den für Freiburg bekannten Weg. Eine Holzhackschnitzel-Anlage dient der Energieerzeugung, die auch die Rasenheizung unterhält. Thermische Sonnenkollektoren auf dem Glasdach bereiten das Warmwasser auf. „Strukturell ist hier etwas Neues entstanden, von der Philosophie her nicht“, sagt Rettig.

Für den DFB Grund genug, nicht nur führende Vertreter zur Einweihung zu entsenden, sondern vielleicht auch weitere Pläne mit dem SC Freiburg zu besprechen. Nachdem mit 15.000 verkauften Karten für das U-21-Spiel eine „neue Bestmarke, zumindest seit 1990“ (DFB-Organisator Hans Florin) erzielt wurde, liebäugelt der SC-Manager im Falle der EM-Qualifikation bereits mit der Ausrichtung des Turniers im nächsten Jahr, sofern Deutschland den Zuschlag erhält. Andreas Rettig weiß bestimmt wie. OKE GÖTTLICH