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: Neuer Dickhäuter

Kann das wahr sein? Man glaubt es kaum. Elefanten sind die größten Landsäugetiere, kaum zu übersehen mit ihren dicken Schädeln und großen Ohren. Aber es stimmt. Eine komplette Elefanten-Spezies ist der Wissenschaft bislang entgangen. Es gibt nicht nur den einen afrikanischen Elefanten (Loxodonta africana), sondern deren zwei. Gedankenlos hat man sie in einen Topf geworfen – die afrikanischen Waldelefanten und die Elefanten, die in der Savanne leben. Und nun das: beide unterscheiden sich in ihren Genen ungefähr so wie Löwen und Tiger. Seit über 2,6 Millionen Jahren gehen sie womöglich schon getrennte Wege. „Wenn Sie die genetischen Daten sehen, fassen Sie sich an den Kopf“, zitiert das Wissenschaftsmagazin Science den Biologen Samuel Wasser von der Universität in Seattle.

Doch der Reihe nach. Dass in Afrika manche Elefanten die Savanne bevorzugen, andere dagegen den Wald, wusste man. Auch dass Waldelefanten scheuer und im Dschungel schwer zu erkennen sind; nur ein einziger Waldelefant lebt in Gefangenschaft im Pariser Zoo. „Wenn Sie Ihren ersten Waldelefanten sehen, dann denken Sie: ,Wow, was mag das wohl sein?‘“ sagt Nicholas Georgiadis, Biologe am Mpala Research Center in Nanyuki (Kenia).

Waldelefanten sind kleiner als die Bewohner der Savanne, haben geradere, längere und dünnere Stoßzähne, einen etwas anders geformten Schädel und sehr viel rundere Ohren. Doch all das fand man wohl nicht so bemerkenswert. Wie selbstverständlich glaubte man, dass beide Populationen sich lustig paaren, wenn sie sich an den Waldesrändern begegnen.

Von wegen. Acht Jahre brauchte Georgiadis – dann hatte er den Beweis. Er sammelte Gewebeproben von insgesamt 195 Tieren aus 21 Populationen, zog zum Vergleich noch sieben asiatische Elefanten hinzu.

Georgiadis bombardierte sie mit kleinen nadelartigen Pfeilen. Sie spießten winzige Hautfetzen auf und fielen auf den Boden. Sobald die verdutzten Tiere sich aus dem Staub gemacht hatten, hob er die Pfeile auf und schickte sie zur Gen-Analyse an das Nationale Krebsinstitut in Frederick, im US- Bundesstaat Maryland. Das Ergebnis: Beim Waldelefanten handelt es sich eindeutig um eine eigene Spezies. Der genetische Abstand zum Bewohner der Savanne ist zwar nicht ganz so groß wie der zum asiatischen Elefanten, aber immer noch groß genug.

Darum braucht der Waldelefant auch einen eigenen Namen, Loxodonta cyclotis schlagen die Forscher vor. Und er braucht Schutz. Und zwar schnell. Das Elfenbein des Waldelefanten ist besonders begehrt, manchmal hat es sogar einen rosa Schimmer. Wird das Tier nicht umgehend in die internationalen Artenschutzabkommen aufgenommen, die gegenwärtig nur Loxodonta africana verzeichnen, dann besorgen den Rest womöglich die Wilderer.

IRENE MEICHSNER