Deutsche Erntehelfer verspäten sich

1.500 Waffen hat die Nato in Mazedonien bereits eingesammelt. Vom deutschen Kontingent sind erst 100 Soldaten eingetroffen. Gerade in Tetovo, wo gestern wieder eine Bombe explodierte, warten die Menschen ungeduldig auf die Nato

aus Tetovo ERICH RATHFELDER

Heiß ist die feuchte Luft über dem weitläufigen Tal, in dem Tetovo liegt. An der Straße aus Skopje liegt rechterhand eine Anhöhe. Und auf der Spitze des Hügels, dort wo früher die jugoslawische Armee einen Stützpunkt unterhielt, sind heute die deutschen Truppen stationiert, die für den Nachschub nach Kosovo sorgen sollen. Hier sollen die aus dem Kosovo kommenden deutschen Nato-Truppen für die Aktion „Essential Harvest“ stationiert werden. Bislang sind sie nicht angekommen, nur 100 Mann aus Deutschland. Ihre für gleich nach dem Beschluss des Bundestages avisierte Ankunft wurde gestern wieder um einen Tag verschoben.

Über die Gründe wollen sich die Pressesprecher nicht auslassen. Dass den Hauptgrenzübergang von Kosovo an der Straße in Richtung Skopje slawisch-mazedonische Flüchtlinge aus UÇK-Gebieten blockieren, die auf ihre Probleme aufmerksam machen wollen, ist seit mehr als einer Woche bekannt. Die Alternativroute über den zweiten Übergang, der Kosovo mit Tetovo verbindet, Jashince, ist frei. Das wissen auch die Militärs.

Die Straße wurde auf der kosovarischen Seite im Vorjahr mit deutschen Geldern repariert und kann zu den besten Straßen der Region gezählt werden. Und seit dem Waffenstillstand und dem Einmarsch der Nato-Truppen ist die Straße auch sicher. Weder die UÇK noch die mazedonische Armee haben zudem ein Interesse daran, die Ankunft der deutschen Truppen zu verzögern. „Das Primat der Politik über das Militär“ habe die Ankunft der Deutschen verzögert, erklärt ein deutscher Militärexperte.

Viele Menschen beider Seiten aber wollen, dass die Deutschen endlich in Tetovo sind. Denn die Anwesenheit der Nato-Truppen vermittelt ein Gefühl der Sicherheit. „Sehen Sie sich hier um, von dort hat die UÇK geschossen“, sagt Mile J., ein slawisch-mazedonischer Rentner, dessen Haus im Osten Tetovos genau in der Schusslinie liegt. Zwar ist es jetzt tagsüber ruhig, doch in der Nacht gellen immer wieder Schüsse auf. Jede Seite verdächtigt die andere, Unruhe zu stiften. Mile wünscht sich nichts mehr, als dass die „Nato-Truppen hier Patrouille fahren“. Und als ein ehemaliger Gastarbeiter in Mönchengladbach hat er Vertrauen in die Deutschen. „Die sind bisher gut aufgetreten, kennen unsere Sorgen.“

Im Keller des Motels „Ata-Petrol“ ist am Donnerstag eine Bombe explodiert. Die Schäden sind beträchtlich, der Keller, in dem Ersatzteile und ein Stromaggregat gelagert waren, ist völlig zerstört, zwei Wachen wurden verletzt. Das Hotel an der Umgehungsstraße Tetovos gehört einem Albaner und war schon vor 14 Tagen Ziel eines Überfalles. 5 Granaten schlugen nahe den Zapfsäulen ein, es war Glück, dass keiner getroffen wurde.

Für die Angestellten des Motels gibt es keinen Zweifel. „Das waren Paramilitärs.“ Vermutungen, dass die Bombe die Antwort der mazedonischen Seite auf den Anschlag auf das mazedonische Hotel „Brioni“ gewesen, das kaum 5 km Luftlinie entfernt liegt und der UÇK zugerechnet wird, sind wohl nicht von der Hand zu weisen. „Wenn die Nato-Truppen da wären und Patrouille führen, fühlten wir uns sicherer“, sagt Faruk, ein Tankwart. Aber eigentlich hat er die Hoffnung auf Frieden verloren. „Die Polizei, die Armee und die Paramilitärs sind gefährlich. Wer sind die Terroristen?“, fragt er. Mehr als der Hass ist es das Misstrauen zwischen beiden Bevölkerungsgruppen, das das Zusammenleben erschwert. Vertrauen zu schaffen ist das erklärte Ziel der Nato-Aktion. Immerhin hat die UÇK ihr Soll übererfüllt. „Wir haben 1.500 Waffen eingesammelt“, sagt ein britischer Soldat, „und damit das Ziel für den vierten Tag weit überschritten.“ Die Nato-Aktion läuft trotz Schwierigkeiten gut an. Doch in Tetovo warten die Menschen noch auf die deutschen Truppen.