Soundcheck

Gesessen: bei 1/2 Couch im Fundbureau. Einmal im Monat findet im Fundbureau ein Country-Club statt. Dort legt ein DJ RocknFolk und Country Classics auf. Dazwischen gibt es Live Musik . Jüngst von der Hamburger Band 1/2 Couch. Die Zuschauer trudeln nach und nach ein, der DJ spielt Musik dazu. Wenn der CD-Spieler hakt „ruh-hu-hu-hu“ (ruby, dont take your love to town), wechselt der DJ gleichmütig auf Phono, und es erklingt ein neues, wunderschönes Countrystück. Hier gibt es keine Eile, kein Drang zu gefallen. Schön normal beginnt der Countyabend, keine Mottoparty, kein Western-Verkleidungsball. Man trinkt Bier und trifft Bekannte, draußen fährt eine S-Bahn vorbei. Ein kleiner weißer Hund kratzt sich hinterm Ohr.

„Mitreisende herzlich willkommen“, sagt 1/2 Couch, und los geht es mit einem Zugfahr-Psychedelic-Country-Sound. Mit Snare, Wandergitarre und Lap steel guitar (Instrumentenname von Experten aufgeschnappt) wird vom ersten Takt an seltsam mitreißende Musik gemacht und ein waberiges Rauschen zwischen die Parts der einzelnen Instrumente geschoben.

Dort im Rauschraum ist immer genug Platz für das Entstehen überraschender Übergänge. Dort springen die Stilrichtungen wie Gedanken und Perspektiven auf einer Bummelzugfahrt. Slydiger Klapperschlangencountry wechselt in alpine Volksmusik und schwenkt gleich nach einem psychedelischen Kurzausflug wieder in Sixties-Sounds, zu denen dann mehrstimmige Countrygesänge erklingen.

Nach vier, oder sagen wir fünf performten Stücken kommt wieder der DJ an die Reihe. In diesem Wechsel geht es weiter. Dazwischen wird die selbst gemachte Platte verkauft. Sie ist wirklich mit Vierspur-Gerät aufgenommen, es gibt sie nur auf Venyl, blau, in 10 Inch. Es ist das Konzert, auf Platte aufgenommen, sagt 1/2 Couch. Auch hier besticht die Eigensinnigkeit und die Distanz zu allem, was mit Ruhm und großen Gesten zu tun hat. Wichtig ist eher: Die Instrumente müssen in ein Taxi passen. All das hat vor allem den Sinn, unbegrenzt im eigenen Musikstil he-rumzutoben.

Bleibt noch zu sagen: Minimal ist der neue Country. Und einfach. Und passt irgendwie doch besser zu einem Donnerstagabend im städtischen Frühherbst, als zu heißen Wüsten, durch die Strohballen fliegen. Anne Otto