Der White Cube ist eine sichere Bank

■ Die stellvertretende Direktorin der Weserburg Hanne Zech im Geburtstags-Interview

Ausgiebig feiern – vielleicht nicht das erste, was man mit dem Museum Weserburg verbindet, jetzt aber stapeln sich die Geburtstagsgrüße in Form von Führungen, Debatten, Vorführungen hinter den roten Backsteinmauern des ehemaligen Speichergebäudes auf dem Teerhof.

Zehn Jahre ist es geworden und es gratulieren die Direktoren und Mitarbeiter der anderen Bremer Museen – Wulf Herzogenrath von der Kunsthalle zum Beispiel mit der Führung „Mit einem Bordell fing alles an – Geschichte und Geschichten zu Edward Kienholz Roxy's 1961“. Schon morgen führt Rainer Stamm von der Kunstsammlung Böttcherstraße durch die Weserburg. Sein Thema: Antlitz der Zeit. Klassiker der aktuellen Fotokunst.

Kunst aus den letzten vier Jahrzenhnten, von Christo bis André Slominsky, findet man in diesem Museum – dem ersten Sammlermuseum Europas. „Seit Eröffnung des Neuen Museums Weserburg ordnet sich Bremen in die bedeutenden Ausstellungsorte für zeitgenössische Kunst in der Bundesrepublik“, lobte eine Untersuchung, und das vielleicht gerade weil es den oft enzyklopädischen Blick vieler Museen notgedrungen vermissen lässt.

Die Freiheiten des Sammlers stecken dem Museum die Grenzen – wie man aber innerhalb dieser Grenzen die Vielfalt, ja: das Chaos bildnerischen Ausdrucks seit den 60ern sichtbar macht, das zeigt die Weserburg im erhellenden Nebeneinander der Sammlungen.

taz: Die Weserburg bekommt eine Menge Geschenke zum 10. Geburtstag, was wünschten Sie sich außerdem?

Hanne Zech: Ich würde mir fürs Museum einen ausreichenden Etat für Ankäufe wünschen, wir brauchen mindestens 500.000 Mark im Jahr.

Das heißt aber nicht, dass Sie langfrsitig vom Konzept Sammlermuseum abweichen wollen, oder doch?

Nein, aber es war von Anfang an geplant, dass parallel auch eine eigene Sammlung aufgebaut wird.

Könnte durch den neuen Kultursenator Kuno Böse Bewegung in die Sache kommen?

Der ist ja nun ganz und gar frisch und er wird nächste Woche zum ersten Mal hierher kommen.

Gibt es Wünsche,für das künstlerische Feld?

Viele spannende Ausstellungen mit der ganzen Lebendigkeit und Unvorhersehbarkeit, mit der Künstler uns immer wieder neue Perspektiven auf die Welt zeigen.

Im Interview mit der tazsagte der Direktor der Weserburg, Thomas Deecke 1995, „So wichtig ist das Publikum auch wieder nicht“. Braucht die Kunst den Besucher und hat die Weserburg genug davon?

Wir haben als Museum auch einen öffentlichen Auftrag und diesem Auftrag nachzukommen macht ja durchaus auch Vergnügen. Im Übrigen möchte man natürlich immer ganz furchtbar viele Besucher haben. Aber wir haben mal eine Untersuchung gemacht und da hat sich rausgestellt, dass wir sehr viel junges Publikum haben, das weist doch in die Zukunft .

Stichwort Besucher und Event-Kultur. Das populäre Groninger-Museum lockt jetzt gerade wieder mit einer Mittelalter-Schau, inszeniert von Peter Greenaway und die Besucher strömen.

Sammeln, Bewahren, Forschen, präsentieren – so hat die UNESCO die Aufgaben eines Museums zusammengefasst. So etwas wie Bewahren schlägt sich nicht nieder in einem einzigen Besucher. Da finde ich es fatal, wenn Politik sagt: Produziert Besucher. Die Event-Kultur lässt die Rolle und Funktion der Museen ein Stück weit in den Hintergrund treten. Außerdem muss ein Museum mit einer so zeitgeistigen Architektur wie das Groninger nach Kunst suchen, die mit diesen Räumen korrespondiert.

Für Sie ist also der white cube eine sichere Bank?

Ja, ja, ja, denn was weiß ich, was Künstler in 50 Jahren machen.

Fragen: Elke Heyduck

Samstag, 11.30 Uhr Führung „Antlitz der Zeit“, 15 - 17 Uhr Kinderprogramm „Ein Bild für das Museum“,, 15 - 18 Uhr: Experimentalfilme. Das komplette Geburtstagsprogramm steht im Internet unter www.nmwb.de