young urban partisans (nr. 211)

Die Deutung der wirkungsfeldintegrierten Bandenwerbung „Warum muss der Sohn betteln?“, die – geschickt auf Werbeflächen platziert – langsam die Stadt überzieht, ist ebenfalls stark standortabhängig. So fällt dem FU-Studenten Torsten (29) aus Steglitz dazu als Erstes ein: „Die ist sauscharf! Ich muss meinen Vater auch jeden Monat mühsam um Geld fürs Studium angehen.“ Der arbeitslose Zerspaner Jürgen Böttcher (41), der die Parole neben dem Arbeitsamt in der Charlottenstraße entdeckte, ist sich dagegen sicher: „Det is eener, der noch zu jung is, um ALU zu kriejen!“ Die lustige Wilmersdorfer Witwe Gertrud E. (56) geht davon aus: „Das hat der Sohn vom Hauseigentümer aus Protest gemacht – der olle Geizkragen gibt dem keinen Pfennig!“ Die Computerdesignerin Gaby (25) in Mitte meint: „Die Botschaft kommt optimal rüber – ‚der Sohn‘ rot geschrieben, dann der Strahlenkranz drumrum, dazu immer in Sichtachsen angebracht, wobei das Handmade noch ihre Singularität herausstreicht – besonders mit der seriellen Warenwerbung drumrum“. Ganz anders sieht das der U-Bahn-Graffitikünstler Sven T. (17) aus Pankow: „Als Tag ist es ultrakonventionell, als Pic nur gut platziert, aber lieblos und ansonsten Meinungsterror.“ Ein Journalist freut sich: „Der „6“-Maler hat endlich eine neue Vision!“ Man wisse aber noch nicht, was für eine. HELMUT HÖGE