Seiltanz über dem Abgrund

Dem neuen Tempodrom droht die Zahlungsunfähigkeit. 8 Millionen Mark fehlen im Bauetat und müssen ausgeglichen werden. Kosten steigen auf 50 Millionen Mark. Bausenator schießt nicht zu

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Dem neuen Tempodrom an Anhalter Bahnhof droht beim Seiltanz um die Baukosten der Absturz. Wenn die am Donnerstag bekannt gewordene Finanzierungslücke von 8 Millionen Mark nicht innerhalb eines Monats gedeckt wird, ist die Liquidität für das Kulturzelt gefährdet. Das Tempodrom wäre damit überschuldet und müsste Konkurs anmelden. Die SFB-Abendschau hatte gemeldet, dass im Etat für den Neubau eine Millionenlücke klafft. Das auf ursprünglich 43,6 Millionen Mark kalkulierte Bauwerk verteuert sich damit auf über 50 Millionen Mark. Ungeklärt sind auch zusätzliche Forderungen der Bauunternehmen für den Rohbau, die weitere 10 Millionen Mark angemahnt haben. Das traditionsreiche Kulturzelt nach Plänen der Archtiekten Gerkan, Marg und Partner (Hamburg) ist im Rohbau fertig gestellt und soll im Dezember mit der Verleihung des Deutschen Filmpreises „Felix“ eröffnet werden.

Nach Ansicht von Tempodrom-Chefin Irene Moessinger haben sich bei der Abrechnung aller Gewerke Mehrkosten in Höhe von 8,05 Millionen Mark herausgestellt. Es sei zwar zu erwarten gewesen, so Moessinger zur taz, dass die Kosten von 43 Millionen Mark nicht zu halten seien. Mit der Deckungslücke in der jetzigen Höhe habe sie aber nicht gerechnet. „Es ist sicher ein Fehler gewesen“, auf die Einhaltung der Kosten zu vertrauen, so Moessinger.

Als problematisch für das Tempodrom kann sich nun der Finanzierungsplan erweisen. „Die fehlenden Mittel müssen in einem Monat aufgebracht werden“, sagte Moessinger weiter, da sonst die Zahlungsunfähigkeit der Bauherrin drohe. Ein Gespräch mit den beteiligten Banken, Sponsoren sowie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung habe jedoch noch zu keiner Entscheidung geführt. „Alle Beteiligten haben sich getroffen. Wir suchen alle nach Finanzierungsmöglichkeiten.“

Das Haus mit dem signifikanten Dach, mit einer Zirkusarena darunter und einer kleinen Bühne wird zu einem Teil von Sponsoren und aus Eigenkapital, zu anderen Teilen mit Mitteln der öffentlichen Hand und Fördergeldern der EU finanziert. Hinzu kommen Kredite von Banken, für die das Land eine Bürgschaft in Höhe von 25 Millionen Mark hinterlegt hat. Bei einem Konkurs müsste das Land aus der Bürgschaftsmasse den Kopf hinhalten.

Moessinger gab sich gestern vorsichtig optimistisch, dass „sich eine Lösung abzeichnen könnte“. So seien zusätzliche Lottomittel für die Stiftung beantragt worden. Auch habe das Gespräch mit der Bauverwaltung gezeigt, dass „die interessiert sind, dass das gelöst wird“.

Petra Rohland, Sprecherin von Bausenator Peter Strieder (SPD), dämpft mögliche Erwartungen. Das Land sei zwar von der Bedeutung des Tempodroms überzeugt. Der Senator habe aber „keine Finanzierungszusage“ gegenüber dem Tempodrom gegeben. Der Bau sei eine private und keine öffentliche Investition. „Darum ist das auch nicht unsere Sache“, so Rohland.