Kiep in höchster Bedrängnis

Der frühere CDU-Schatzmeister Leisler Kiep soll die 100.000-Mark-Spende des Waffenhändlers Schreiber zunächst auf sein Privatkonto transferiert haben, um sie später an die CDU weiterzuleiten. Nun muss er möglicherweise unter Eid aussagen

Es ist davon auszugehen, dass Kiep wissentlich gelogen hat

von SEVERIN WEILAND

Zuletzt hatte Walther Leisler Kiep Anfang Juli vor dem Spendenausschuss in Berlin ausgesagt. Damals erlebten die Beobachter einen zum Teil erbosten Ex-CDU-Schatzmeister, der sich gegen den Vorwurf wehrte, er habe für seine Gespräche mit der DDR-Führung über die Modernisierung des Telefonnetzes vom Siemens-Konzern Spenden erhalten. Eine „persönliche Beleidigung“, ja „grotesk“ sei das, meinte Kiep. Die Mehrheit im Ausschuss war mit Kieps Auftritt, auch den Aussagen zu anderen Bereichen der Spendenaffäre, höchst unzufrieden.

Schon damals meinte der Ausschußvorsitzende Volker Neumann (SPD), man müsse überlegen, ob Kiep nicht vereidigt werden sollte, um ihn „noch einmal auf seine Wahrheitspflicht hinzuweisen“. Immerhin kann eine Falschaussage vor einem Ausschuss mit fünf, ein Meineid gar mit bis zu fünfzehn Jahren Haft bestraft werden.

Nun könnte es für Kiep wirklich eng werden – nicht im Falle der Siemens-Geschäfte, sondern wegen seiner Aussage über eine 100.000-Mark-Spende des Waffenhändlers Karlheinz Schreiber. Denn stimmt das, was die Süddeutsche Zeitung und das NDR-Magazin Panorama meldeten, müsste Kiep seine ursprüngliche Darstellung korrigieren. Vehement hatte Kiep bis in den Juli hinein dementiert, das er jemals jene von Schreiber der CDU zugedachten 100.000 Mark angenommen habe. Nun aber kann erstmals der Weg der Summe, die 1999 den Sturz Wolfgang Schäubles als Fraktions- und Parteichef einleitete, verfolgt werden.

Vor der Berliner Staatsanwaltschaft soll der frühere CDU-Finanzberater Horst Weyrauch am 13. Juli dieses Jahres laut SZ folgende Version geschildert haben: Der frühere Büroleiter der CDU-Bundesschatzmeisterei, Jürgen Schornack, die damalige CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister und er hätten 1995 darüber beraten, wie die im Tresor gelagerten 100.000 Mark von Schreiber an jemanden übergeben werden könnten, der sie dann wiederum der CDU zur Verfügung stelle.

Da man jemanden brauchte, der aufgrund seiner Vermögenslage und seines Einkommens glaubwürdig erscheinen musste, will Weyrauch schließlich den wohlhabenden Kiep zur Annahme überredet haben. Eine Aussage, die laut SZ Kiep wiederum im Juli dieses Jahres vor der Berliner Staatsanwaltschaft verneinte.

Die jetzt vorgelegten schriftlichen Unterlagen sprechen jedoch eine andere Sprache: Danach hat Kiep auf einer Barquittung am 8. Dezember 1995 die Annahme der 100.000 Mark aus dem Tresor bestätigt. Anschließend behielt er 30.000 Mark selbst ein, die Restsumme ließ er durch Weyrauch an seinen Sohn Walther Leisler überweisen – der hatte zu diesem Zeitpunkt Steuerschulden. Wenig später wurde dieselbe Summe dann als so genannte legale Privatspende durch Weyrauch von Kieps Konto auf ein Treuhandkonto der CDU überwiesen. Damit war der Vorgang abgeschlossen und ihm ein legaler Anstrich gegeben worden – aus den einst 100.000 Mark von Schreiber waren innerhalb kürzester Zeit 100.000 Mark aus dem Privatvermögen von Kiep geworden – gemeinhin wird ein solcher Transfer auch Geldwäsche genannt.

Der Ausschussvorsitzende Volker Neumann erklärte gestern nach der Durchsicht der Dokumente, es sei davon auszugehen, dass Kiep den Ausschuss wissentlich belogen habe.

Noch in seiner vorerst letzten Vernehmung durch Neumann am 5. Juli im Berliner Spendenausschuss hatte Kiep erklärt, er habe das Geld nicht von Weyrauch erhalten; vielmehr sei es eine private Spende gewesen, die er, Kiep, der CDU zukommen ließ.

Für die Grünen legte ihr Obmann im Ausschuss, Christian Ströbele gestern noch nach, allerdings mit den juristisch abgesicherten Formulierungen, wonach zum Zeitpunkt der Transaktion 1995 der damalige Fraktionschef Schäuble und die damalige CDU-Schatzmeisterin Baumeister „vemutlich“ von der Spende und der Geldwäsche gewusst haben.

Beide hatten im Sommer vergangenen Jahres vor dem Ausschuss die Übergabe der 100.000 Mark, die im Herbst 1994 durch den Waffenlobbyisten Schreiber erfolgte, unterschiedlich dargestellt und über den Verbleib des Geldes keine Aufklärung geben können.