Schwierige bis 30-Jährige

■ Gnadenlos distanziert: Hennig Bock inszeniert Conor McPhersons „Salzwasser“ am Altonaer Theater

Weil in kleinen Küstenkäffern überall auf der Welt nichts los zu sein pflegt, hat man sich zum Beispiel in irischen Pubs aufs Geschichten erzählen verlegt. Das Pint schmeckt besser, und überhaupt macht saufen und breit sein dann auch Sinn – man ist schließlich gesellig. Und wer am besten erzählt, ist der Held des Abends. So oder so ähnlich.

Der irische Dramatiker Conor McPherson steht mit seinen Stü-cken genau in dieser Erzähltradition: Meist an Theken platziert, monologisieren seine Figuren in einem abgeklärten Ton rückblickend über halbwegs gut ausgegangene Geschehnisse. So etwa in Salzwasser, für dessen Hamburger Erstaufführung nun das Altonaer Theater auf seiner Foyerbühne in der Regie von Henning Bock sorgte.

Dort ist man unter sich, lediglich zwei Tresen befinden sich im Zuschauerraum. Hinter dem einen steht DJ Silvia Berger und berieselt mehr oder weniger sinnstiftend mit Elektronischem, hinter dem anderen poliert Frank die Gläser. Frank ist einer der drei Jungs, die gut zwei Stunden von einem bizarren Wochenende berichten. Für entsprechende Ausschmückung der Erzählperspektiven greifen die Protagonisten, alle im schwierigen Alter zwischen 17 und Anfang 30, ins mit (post-) adoleszentem Schnickschnack gefüllte Nähkästchen.

Thomas Klees spielt den eigentlich braven Frank, der normalerweise weniger lustvoll als mangels Alternative in Papas Imbiss arbeitet, dann aber spontan das örtliche Wettbüro überfällt. Seinen jüngeren Bruder Joe gibt Frank Dehner, dem die Überwältigung angesichts der ersten vier Dosen Bier in Folge, anschließendem Disco-Besuch und dem Erwachsenwerden überhaupt ins Gesicht geschrieben steht. Dann ist da noch der Zyniker Ray. Weil er sein Dasein als Philosophie-Dozent im wahrsten Sinne zum Kotzen findet, teilt er sich seine Zeit zwischen Exzessbesäufnissen und Erstsemesterinnen auf. Harald Weiler verleiht diesem Charakter, der dem Publikum keine seiner Eskapaden vorenthalten möchte, noch am meisten Format.

Bocks Erzähltheater kränkelt über weite Strecken an der gewollt geringen Präsenz der Schauspieler. Während eine Verena Reichhardt in Wächter-Stücken ganze Universen öffnet, kommt bei Bocks Inszenierung kaum mal Schauspiel vor. Erzählt wird meist mit sehr eingeschränkter Mimik und Gestik, die Distanz zum Erzählten schafft. Besonders für den tragischen Witz des Stückes hätte man den Schauspielern doch mehr Entfaltungsmöglichkeit gewünscht.

Die Phantasie des Publikums wird so aufs Äußerste gefordert. Kaum lässt man sich jedoch auf die privatime Atmospäre ein, stört die mangelhafte Übersetzung, der die Schauspieler fast sklavisch folgen müssen. Beispiele aus der britischen Fernsehwelt verfehlen in Altona ihren metaphorischen Zweck. Die äußere Brechung durch den Hinweis „Irland“ – es gibt Guiness und inseltypische Schnittchen – tut ihr Übriges. Vielleicht ist ein Küstenkaff doch nicht wie das andere.

Liv Heidbüchel

Nächste Aufführungen: 5., 7.,8. September, 20 Uhr, Altonaer Theater