Liberales Lavieren

■ Der FDP-Admiral steuert mit dem Segen der Bundespartei weiterhin unbeirrt auf Schlingerkurs

Es wird weiter geschlingert bis zum 23. September. Die FDP hat auch am Sonnabend, als sich die Spitzen der Bundespartei zur Strategiekonferenz in der Fischauktionshalle getroffen haben, auf dem Seil getanzt, links die Ampel, rechts der Bürgerblock, und mittendrin lavierende Liberale. Am Sonnabend hatte Hamburgs Spitzenkandidat Rudolf Lange den Part, den Wechselwilligen zu spielen, Parteichef Guido Westerwelle gab dagegen den, der sich die Liberalen auch mit der SPD vorstellen könne. Weder mit Schill noch mit der GAL – dass das völlig illusorisch ist, weiß Westerwelle auch, ist aber im Wahlkampf egal.

Nachdem Langes Flirten mit der Ampel in den vergangenen Wochen eher zum Abschwung der FDP in den Umfragen geführt hat, schlug er am Sonnabend wieder die härtere Gangart gegenüber Rot-Grün an. „Die Zeit ist reif für den Wechsel, und der Wechsel wird eine liberale Handschrift tragen“, holte er sich den Beifall der zusammengekommenen Kreisvorsitzenden aus der ganzen Republik ab. Der Senat habe „abgewirtschaftet und taumelt von einer Krise in die nächs-te“. Um diesen Missständen ein Ende zu bereiten, werde die FDP den Wahlkampf „mit voller Härte“ führen. Verkehr, Innere Sicherheit, Bildung – die bekannte FDP-Litanei folgte.

Aha, die FDP will also doch mit CDU und Schill. Dann kommt Westerwelle und sagt: „Wir dürfen die Stadt nicht den Irrlichtern der Schill-Partei überlassen.“ Aha, also doch mit SPD und GAL. Wes-terwelle im nächsten Atemzug: „Die Grünen sind der Bremsklotz im Senat, die grünen Chaoten müssen endlich aus dem Rathaus fliegen.“ Ach so, also Bürgerblock. Oder wie, oder was?

Die Liberalen müssten so stark sein, dass sie allein mit der SPD oder der CDU regieren könnten, bemüht sich Westerwelle darum, Licht ins Dunkel zu bringen. Dass dies nach allen Prognosen vorn und hinten nicht reichen wird, wird souverän ignoriert. Ebenso wie die Tatsache, dass die Hamburger FDP nach der neusten Forsa-Umfrage gerade einmal um die fünf Prozent liegt. „Meinungsumfragen können irren“, macht Westerwelle schlicht daraus.

Von ferne bestätigt gar der liberale Popstar Jürgen W. Möllemann die derzeitige Strategie seiner Partei in der Hansestadt. Gegenüber der Welt am Sonntag hat er Langes Kurs, keine Koalitionsaussage zu machen, bekräftigt. „Wir entscheiden nach der Wahl, mit wem eine Mehrheit überhaupt machbar ist“, sagt der nordrhein-westfälische Fallschirmspringer, der am kommenden Mittwoch Hauptredner ist, wenn die FDP ihre heiße Phase des Wahlkampfes eröffnet. Aus seiner Abneigung, mit den Grünen zu regieren, macht er aber keinen Hehl. Sollten die Liberalen ihr Ziel, die GAL als Regierungspartei abzulösen, nicht erreichen, sollten sie „nicht irgendwo mitklüngeln und um Posten schachern, sondern sich notfalls damit abfinden, in der Opposition zu sitzen“. Das sind allerdings revolutionäre Töne für die FDP. Peter Ahrens