unterm strich
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Der Sommer ist – rein arbeitstechnisch – vorbei. Die herrschende Klasse ist aus ihren diversen Urlaubsorten in Berlin eingetroffen und wieder auf dem Parkett. Anlässlich des Tags der offenen Tür im Bundeskanzleramt führte Gerhard Schröder seine Doris Gassi, und das Volk und vor allem RTL dankte es ihm. Die Stadt Hannover wahrscheinlich auch, denn immerhin kam später bei der Sitzung mit RTL-Moderatorin Frauke Ludowig heraus, dass Hannover „eine sehr unterschätzte Stadt ist“ (O-Ton Kanzlergattin).

Doch es gibt für den Kanzler nicht nur sonnige Tage. Es gibt auch Ärger. Den hat er sich zwar selbst eingebrockt, als er mal wieder krakeelte, jetzt will er aber per Rechtsanwalt dagegen vorgehen. Die DVU nämlich zitiert ihn im Hamburger Wahlkampf folgendermaßen: „Wer unser Gastrecht missbraucht, für den gibt es nur eines: Raus, und zwar schnell! Gerhard Schröder, 1997.“ Die Verwendung eines Zitats von Schröder ohne seine Einwilligung sei unzulässig, argumentiert nun also sein Anwalt.

Ärger hat bekanntlich auch der Verteidigungsminister. Der rührt davon her, dass er von der Gräfin Pilati Gassi geführt wird. Irgendwie hat der gute Scharping nicht verstanden, wie das in Deutschland zu laufen hat. Nämlich umgekehrt. Angela Merkel, CDU-Vorsitzende, die bekanntlich nicht aus Sachsen stammt, hatte dagegen schon letzte Woche den Ärger. Als deutlich wurde, dass bei ihr Heinrich von Kleist nicht für deutsche Leitkultur, sondern für deutsche Leidkultur steht. Denn Kleist lärmt.

Und zwar genau vor ihrer Wohnung. Die herrschende Klasse nämlich wohnt zentral, mitten in Mitte, und da hat es dann, weil sie dort residiert, gefälligst ruhig zu sein. Da darf kein „Amphitryon“ gespielt werden. Freiluft mit Rockmusik und so, bis 22 Uhr! Vor dem Pergamonmuseum. Jetzt freilich am Wochenende war da schon wieder der Rummel los. Vor dem Alten Museum wurde nämlich die „Oper für vier Busse“ aufgeführt. In den Schlussbeifall, so berichtet dpa, wurden zu Recht auch die vier Fahrer einbezogen.

Denn auch sie vollführten auf ihre Weise Kunst: im Schritttempo fahren, auch rückwärts, in Kolonne, in Zweierreihen, auf dass man etwa alle 20 Minuten vom einen in den anderen Bus wechseln konnte. Was wird sich Angela die Haare gerauft haben! Zumal das Spektakel erst um 22.30 Uhr begann. Eigentlich sollte sie ja froh sein. Wer nicht schläft, hat auch keine Albträume. Von der deutschen Politkultur. Von Walther Leisler Kiep, der kurz mal 100.000 Mark Schwarzgeld der CDU einsackt – um sie zur Vorsitzenden zu machen?