scharping und völler
: Nur bedingt verteidigungsbereit

An diesem grauen Montagmorgen im September möchte man nicht Rudi heißen. Denn es hapert an der Verteidigung. Rudi Völler muss sich von dem Debakel seiner ausgekonterten Elf erholen, und Rudi Scharping ist das personifizierte Debakel in Amt und Würden.

Kommentarvon MICHAEL RINGEL

Wenn der Verteidigungsminister heute nach seinem Liebesurlaub ins Büro zurückkehrt, kann nach acht Flügen zwischen Berlin, Mallorca und Mazedonien von Erholung keine Rede sein: „Es ist nicht gerade ein Vergnügen, um 23.40 Uhr am Urlaubsort anzukommen und am anderen Morgen direkt wieder aufzubrechen“, erklärte der Urlaubsgeschädigte gestern in einem Interview. Warum tut er es dann?, möchte man den Hormonbomber fragen. Der allerdings ist inzwischen derart realitätsresistent, dass er den ganzen Vorgang nur noch aus seinen Innereien erklärt: Es sei schön, glücklich zu sein.

Ein spätes Glück, das dem „lieben Rudi“ manche Niederlage im Leben oder manche Lüge wie im Kosovokrieg nachträglich rosa einfärbt. Da hilft es auch nicht, von dem öffentlichen Mann einen Anflug von Würde im Umgang mit seiner Liebesgeschichte zu verlangen. Wer so schamlos sein „Glück“ mit Badehosenfotos vermarktet, der wird auch im nächsten Krieg Mitgefühl heucheln, wenn Menschen von seinen Soldaten getötet werden.

Übertroffen wird diese Heuchelleistung allenfalls von der CDU, die Scharping auf den Pfennig genau berechnen will, was seine Lustfliegerei den Steuerzahler gekostet hat. Ausgerechnet die Partei, die gerade mal wieder nicht weiß, wie die 100.000 Spendenmark eines Waffenhändlers auf ihre Konten gelangten. Selbstverständlich am Steuerzahler vorbei. Der wird demnächst auch die ausgiebige Pension für den gescheiterten Verteidigungsminister aufbringen dürfen. Denn lange wird sich Scharping wohl nicht mehr halten, und mit Klose und Voscherau stehen die Parteisoldaten schon als Nachfolger bereit. Seltsamerweise beide Hamburger, als wolle die SPD nach dem heißblütigen Pfälzer auf unterkühlte Hanseaten zurückgreifen und die ach so glorreichen Siebzigerjahre eines Helmut Schmidt oder Hans Apel wiederbeleben.

Damals gab es ja auch die letzte wirklich gut spielende deutsche Nationalmannschaft. Die jetzige Elf wird wohl selbst bei einer Totalentrümpelung der miserablen Verteidigung nur mit Mühen im kommenden Jahr das Flugzeug nach Japan und Korea erreichen. Es ist ein grauer Montagmorgen im September.

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