Islamunterricht schon kommende Woche

Seit gestern liegen in zwei Schulen Anmeldeformulare für Unterricht der umstrittenen Islamischen Föderation aus, eine Anmeldung vor. Eine Grundschulrektorin, ein Elternvertreter und eine Sprecherin des Türkischen Bundes sind skeptisch

Nach jahrelangem juristischem Kampf hat die Islamische Föderation gestern zum ersten Mal einen Fuß in die Berliner Schulen bekommen: In zwei Grundschulen lagen Formulare der Föderation zur Anmeldung für den Religionsunterricht aus, den die islamische Organisation in diesem Schuljahr erteilen darf.

Voraussichtlich erst in der kommenden Woche wird nun erstmals eine Unterrichtsstunde der Föderation in den Schulen gegeben, sagten die beiden Schulleiter der Kreuzberger Fichtelgebirge-Grundschule und der Rudolf-Wissell-Grundschule im Wedding, Annette Spieler und Wolfgang Gunkel. Während an der Fichtelgebirge-Schule noch keine Anmeldung für den Unterricht vorlag, wurde in der Wissell-Schule bereits gestern Mittag ein Kind angemeldet.

Nach Auskunft Annette Spielers von der Fichtelgebirge-Grundschule habe der nun fest eingeplante Unterricht der Föderation in der Elternschaft für „Unruhe“ gesorgt. „Bedenken“ würden auch von Müttern türkischer Herkunft geäußert. Den von der Föderation gestellten Religionslehrer habe sie heute das erste Mal gesehen, über seine Ausbildung wisse sie nichts. Von ihren etwa 350 Schülern stammten ungefähr 80 Prozent aus Familien nichtdeutscher Herkunft, wovon wiederum etwa 90 Prozent islamischer Religion seien. Von diesen rund 280 Kindern hätten nun ungefähr 50 Schüler des 2. Schuljahres die Möglichkeit, den Unterricht der Islamischen Föderation zu besuchen. Spieler zeigte sich unzufrieden darüber, dass sie keinen Einfluss auf den Unterricht nehmen könne: „Inhaltlich kann ich nicht eingreifen.“ Sie bevorzuge das Modell eines Wahlpflichtkanons Werte vermittelnder Fächer wie Ethik oder Religion.

Wolfgang Gunkel von der Wissell-Grundschule sagte, die Föderation erwarte in seiner Schule insgesamt 60 bis 90 Interessenten in den Jahrgängen 1 und 2. Drei Viertel aller Schüler seien in seiner Schule nichtdeutscher Herkunft, etwa 85 Prozent muslimischer Religion. Gunkel, selber katholischer Katechet, erklärte, er sehe die Lehrerlaubnis für die Islamische Föderation „leidenschaftslos“. Man müsse erst einmal abwarten, wie viele Kinder für den Unterricht angemeldet würden. Für einen „Hüftschuss“ in dieser Sache bestehe derzeit „kein Handlungsbedarf“.

Alexander Heller-Elspass, einer der Elternsprecher der Fichtelgebirge-Schule, sah die Angelegenheit weniger gelassen. Es bestünden „große Bedenken“ gegen Islamunterricht durch genau diesen Verein, dem der Verfassungsschutz Kontakte zur islamistischen Organisation Milli Görüs nachgewiesen hat. Eltern deutscher Kinder, schon jetzt in der Schule in der Minderheit, könnten nun eher dazu neigen, einen Schulwechsel für ihre Söhne oder Töchter zu erwägen.

Eren Ünsal, eine Sprecherin des Türkischen Bundes Berlin-Brandenburg, sagte, es bestehe die Gefahr, dass die Föderation nicht nur reine Glaubenssätze, sondern auch politische Ziele vermitteln wolle. Es fehle bei der Föderation beispielsweise eine klare Distanzierung vom Taliban-Regime in Afghanistan. Demgegenüber begrüßte der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland die Lehr-Erlaubnis für die umstrittene Vereinigung. Der evangelische Landesbischof Wolfgang Huber forderte von der Politik eine „überzeugende Lösung“ für den Religionsunterricht ein. PHILIPP GESSLER