Kanzler „vergisst“ Bremer Bahner

■ Schröders Einsatz für DB-Instandhaltungswerke hat keine Auswirkung auf Werk Sebaldsbrück Nach wie vor 650 Jobs bedroht / Arbeitsgruppe des Senats noch nicht einmal getagt

Beim Baukonzern Holzmann sprang er ein, bei den acht von Schließung bedrohten Instandhaltungswerken in Deutschland auch: Nur das Bahn-Werk in Bremen hat Kanzler Gerhard Schröder (SPD) bei seiner Rettungsaktion vergangene Woche offenbar vergessen. „Für Sebaldsbrück bringt das Schröder-Machtwort keine positiven Aspekte“, sagt Betriebrat Peter Nowack traurig. „Der Standort Bremen ist in den Bahn-Planungen nach wie vor massiv benachteiligt.“

Und es kommt noch dicker: Die Bremer Arbeitsgruppe, die mit der Bahn Lösungen erarbeiten sollte, um den Wegfall von 682 der 842 Jobs bis 2005 zu verhindern, „hat noch nicht einmal getagt“, klagt der Betriebsrat. Und fügt bitter hinzu: „Das ist die Strafe dafür, dass wir knallhart rationalisiert haben.“

„Gerhard Schröder rettet 2.000 Jobs“, schrieb die Presse vergangenen Freitag. Der Beschluss des Bahnvorstandes vom Juni, acht der 18 deutschen Ausbesserungswerke bis 2003 dichtzumachen, war ausgesetzt worden, nachdem der Kanzler mit betroffenen Betriebsräten gesprochen hatte. Drei Werke würden nun doch nicht geschlossen, ein Drittel der insgesamt 6.000 betroffenen Arbeitsplätzen gesichert, sagte Bahnchef Hartmut Mehdorn. Die anderen von Kürzungen betroffenen Werke sollten noch einmal überprüft werden.

Dazu gibt es Arbeitsgruppen mit Bahnleuten und Vertretern des Landes. In der Vereinbarung zwischen der DB AG und der Bahnergewerkschaft Transnet heißt es: „Die Bereitschaft von Kommunen und Ländern, den Umstrukturierungsprozess aktiv mit zu unterstützen, wird begrüßt und in die weitere Planung und Umsetzung, soweit möglich, mit einbezogen.

Auch in Bremen initiierte Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) am 3. Juli eine Arbeitsgruppe. „In Bremen sollte die eigentlich Jürgen Holtermann aus der Senatskanzlei leiten“, sagt Nowack. Aber seit 1. August ist Holtermann Chef von „BremenPORTS“. Sein Nachfolger Stefan Woltering aus dem Wirtschaftsressort ist im Urlaub. „Nichts ist passiert“, kritisiert Nowack. „Bremen ist noch nicht fertig mit dem Gutachten, Sachsen schon. Wenn Sachsen vorlegt und wir nicht, können wir unseren Standort vergessen.“ Die Staatsregierung in Dresden hätte hingegen längst ein Gutachten angefertigt, das die Rettung des Instandhaltungswerkes in Chemnitz vorschlägt.

Chemnitz ist innerhalb des Bahnkonzerns direkter Konkurrent des Instandhaltungswerkes in Sebaldsbrück – auch in Sachsen werden schwere Dieselloks repariert. Nowack: „Zurzeit scheint es, dass einzig das Werk in Bremen ernsthaft Personal abbauen soll, während in allen anderen Standorten, die Dieselloks reparieren, auf Zeit gespielt wird.“ Und: “Vor Jahren haben wir die Reparatur der schweren Rangierlok nach Chemnitz abgegeben. Jetzt könnten wir gut damit leben, wenn Chemnitz mit seinen 1.000 Jobs geschlossen wird.“

Der Standort Sebaldsbrück hat lange Tradition: Seit 1907 werden hier Loks repariert. Doch immer wartungsfreundlichere Jobs und Konkurrenz von Drittfirmen sind die Gründe, warum Bahnchef Mehdorn sparen will. Eigentlich dachten die Bremer, dabei mit einem blauen Auge davonzukommen: Die Auslastung liegt bei 90 Prozent. Außerdem hatte sich das Bremer Werk in den letzten Jahren zu einem der innovativsten Standorte des Konzerns entwickelt: Pro Jahr tüfteln die Mitarbeiter bis zu 3.000 Verbesserungsvorschläge aus – dafür wurden sie bahnintern häufig ausgezeichnet.

Jetzt sieht alles anders aus. Bis zum Besuch von hochrangigen Bahnleuten in Bremen am 14. September müsse ein Gutachten vorliegen, „sonst droht Kahlschlag“, sagt Nowack. Nach den bisherigen Planungen sollen noch dieses Jahr 110 Jobs in Sebaldsbrück abgebaut werden. Kai Schöneberg