Neue Chance für Dubinski?

ARD-Vize Peter Voß begrüßt das Schuldeingeständnis des Ex-IM. Der perfekte Moderator für schlichteren TV-Mainstream hat sich mit dem Pfarrer getroffen, den er für die Stasi zu bespitzeln hatte

von JAN FEDDERSEN

Eine dürre Presseerklärung mag seit gestern die Wende in einem Fall von Stasiverstrickung bringen. Sie beginnt mit den Worten: „In der vergangenen Nacht traf ich mich mit Ingo Dubinski.“ Unterzeichnet ist das Papier von Christhard Rüdiger, Pfarrer im sächsischen Lößnitz. Er ist jener Mann, den der ARD-Moderator Ingo Dubinski Anfang 1983 im Auftrag der DDR-Staatssicherheit beobachtet und über den er für sie Berichte verfasst hat.

Unmittelbar nachdem Dubinski am Montagabend bei Sandra Maischberger auf n-tv Auskunft über seine Zeit als IM Diplomat gegeben hat – alles in allem redlicher als die meisten der als IMs enthüllten Menschen –, fuhr der 37-Jährige nach Sachsen, um sich quasi konspirativ (SuperIllu musste abgeschüttelt werden) mit dem Mann zu treffen, mit dem er während der Armeezeit ein Zimmer teilte.

Bis zum „Maischberger“-Talkshow war Dubinski ein kaum bedauerter Stasi-IM, der erst jetzt erwischt worden war. Vielmehr schienen viele Medien geradezu zu genießen, dass da einer wie Dubinski ins Straucheln kam. Er galt als „Fleisch gewordener Fernsehnachmittag“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung), weil er die „Wunschbox“ (Videoclips von Naabtalduo bis Janis Joplin), die ARD-Show „Ein Platz an der Sonne“ und eine MDR-Reisesendung moderierte. Alles keine Ware für die gebildeten Kreise, eher Simples für Mühselige und Beladene mit Neigung zum Stadlhaften. Und Dubinski war der perfekte Ansager, weil er nie auch nur den Hauch eines harschen Wortes während seiner Sendungen verlor. Immer nett, immer blond.

Sogar die infamen Neckereien von Stefan Raab ließ er sich gefallen: In „TV total“ machte der sich vor anderthalb Jahren über den angeblich kleinen Penis („Pulleralarm“) von Dubinski lustig – und der Verhämte verplettete Raab dafür nicht einmal ordentlich was auf die Schnauze, als er in dessen Sendung zu Gast war.

Dubinski – einer, der sich bestenfalls ungeschickt wehrt. Und das setzt offenbar Fantasien frei, die viel über deren Produzenten, nichts aber über deren Objekte aussagen. Solche wie sie Anfang der Woche im Berliner Tagesspiegel zu lesen standen. Es hieß dort: „Wenn es so etwas gibt wie den idealtypischen IM, dann ist es einer wie Dubinski. Formbar, meinungslos, indifferent, höflich. Ein weicher, schwacher Mensch, der es aber auch zu was bringen will.“ Ungünstig für diese Wahrnehmung war und ist nur, dass die Stasi von ihm nach einem Jahr ablassen musste – weil Dubinski – nach allem, was momentan qua Stasiunterlagen gewusst werden kann –, nach kurzer Frist lieber auf die erhoffte Diplomatenkarriere verzichtete, als weiter Spitzelberichte schreiben zu müssen.

NDR, SWR und MDR prüfen derzeit, ob sie sich von Dubinski endgültig trennen wollen – dass sie es offen lassen, spricht für den Verdächtigen. Samstag sollte er die neue ARD-Caritasshow „Das Lied zum Glück“ moderieren – für ihn wurde vorläufig das NDR-Hausgewächs Rüdiger Wolff verpflichtet. Die „Wunschbox“ wird derzeit von Heike Greis präsentiert. Nur der MDR hat freilich in einem Anfall von vorbeugender Katharsis Dubinski für non grata erklärt.

Der stellvertretende ARD-Vorsitzende und SWR-Intendant Peter Voß tat gestern kund, er wolle „nicht leichtfertig den Stab über jemand brechen, der offenbar vor fast 20 Jahren schuldhaft gehandelt hat, aber diese Schuld heute einsieht und bedauert“.

Dubinski und Rüdiger wollen vorläufig öffentlich schweigen. Erst kommende Woche möchten sie gemeinsam ihre DDR-Zeit Revue passieren lassen. Bei Biolek? Oder Maischberger? Mutig wäre Dubinski, wenn er sein Schweigegelübde allen SuperIllu-Begierden zum Trotz einhielte.