SPD kippt „Stadtreinigungs-Beitrag“

■ Koalition spielt Blockade: SPD-Fraktionschef wirft das Konzept des Bauressorts in den Papierkorb. Bausenatorin: Ich war nie dafür. CDU kontert: Dann hat sie ein 14 Millionen-Loch.

Einen Stadtreinigungs-Beitrag soll es geben, 200 – 250 Mark pro Grundstück, der auf die Anzahl der Mieter umgelegt werden würde, das hat die Koalition so vereinbart, hieß es in der vergangenen Woche. „Einen Stadtreinigungsbeitrag wird es nicht geben“, für diese Klarstellung lud gestern Nachmittag der SPD-Fraktionsvorsitzende Jens Böhrnsen zur Pressekonferenz. Und Bausenatorin Tine Wischer (SPD) saß demonstrativ daneben und stimmte dem zu.

Auf die Frage, woher denn die „Stadtreinigungs-Abgabe“ komme, wurde Böhrnsen ungewöhnlich unklar. „In der Verwaltung des Senats“ sei der Vorschlag erarbeitet worden. Mit dem Geld wolle die Bausenatorin ihr strukturelles Defizit von jährlich 14 Millionen Mark ausgleichen. Vier Millionen Mark hätte die Verwaltung dieser Abgabe gekostet, der Rest hätte für „zusätzliche“ Stadtreinigungs-Programme zur Verfügung gestanden.

Erstens, erklärte der SPD-Fraktionsvorsitzende, dürfe das Haushaltsproblem der 14 Millionen nicht „verquickt“ werden mit einer zusätzlichen Abgabe, die für den Bürger ganz anders zu begründen sei. Zumal „es stimmt, dass die Politik die letzte Grundsteuererhöhung 1997 mit der Stadtreinigung begründet hat.“ Wenn jetzt mit „mehr Sauberkeit“ argumentiert werde, dann könne man dem Bürger nur die Kosten für zusätzliche Reinigungsmaßnahmen aufbürden. Und dafür dürfe der Verwaltungsaufwand nicht unverhältnismäßig hoch sein.

Bisher werden ca. 32 Millionen Mark jährlich für Stadtreinigung ausgegeben, erklärte die Bausenartorin, sie brauche ca. 5 Millionen Mark mehr für mehr Sauberkeit.

„Ich bin verwundert über die Streitigkeiten in der SPD“, sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Jens Eckhoff. Als der Chef der Senatskanzlei, Reinhard Hoffmann, den Vorschlag in der vergangenen Woche eingebracht habe, sei gesagt worden, das sei mit der Bausenatorin so abgestimmt. SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen saß dabei. In ihrem Hause seien die Vorüberlegungen für den Stadtreinigungs-Beitrag angestellt worden, die am vergangenen Mittwoch unter dem Briefkopf des Rathauses in die Koalitions-Runde gegeben worden waren.

Diskutiert worden sei das da aber nicht, wehrt sich Böhrnsen, und er nehme sich die Freiheit, „weiter über das nachzudenken“, was in solchen Kreisen kurz vorgestellt wird. Und die Bausenatiorin erinnerte gestern daran, sie habe das ja nie in die Senatsberatungen eingebracht, was ihre Behörde ausgearbeitet hatte.

Eckhoff betrachtet die Stadtreinigungs-Abgabe als Kind der SPD-Politik des Rathauses, das die SPD-Fraktion nun selbst zu Grabe trage. Enttäuscht ist er vor allem darüber, das die Bausenatorin es „nicht hinbekommt“, ein Stück mehr Stadtreinigung zu organisieren: Wischer sei „ihren Aufgaben nicht gewachsen“. Auf keinen Fall will er über eine erneute Erhöhung der Grundsteuer mit sich reden lassen. Der Gedanke, damit die Defizite im Bauressort zu decken, sei von der CDU schon vor zwei Jahren abgelehnt worden – damals der Anfang der Suche nach alternativen Abgabe-Modellen.

Keine Hoffnung dürfe sich die Bausenatorin gleichzeitig machen, dass in den Haushaltsberatungen die CDU-Fraktion auf Kosten von CDU-Ressorts einer Deckung des 14-Millionen-Loches zustimmen werde. „Das Problem muss die Bausenatorin in ihrem Hause lösen“, sagt Eckhoff – nicht ohne Vergnügen.

Nicht zuletzt auch wegen der Stilfragen und der kaputten Beratungs-Kultur ist er vergrätzt: Als er gestern Mittag Kenntnis davon erhalten habe, dass sein Koalitionspartner ganz kurzfristig für 16 Uhr eine Pressekonferenz zur Stadtreinigungs-Gebühr angesetzt hatte, habe er Jens Böhrnsen angerufen und gefragt, was denn so dringend verkündet werden müsse. Worauf Böhrnsen so frei gewesen sei, ihn vom Schwenk der SPD in Kenntnis zu setzen.

Klaus Wolschner