Operation Desert Fox

Realistische Technik, Sciencefiction, Mystik, Tradition und der Schnurrbart eines Regierungschefs: Das Eiszeit-Kino zeigt Folgen des japanischen Animes „Gasaraki“

Nicht nur hierzulande ist Animation fürs Fernsehen normalerweise nicht allzu kompliziert strukturiert. Auch die Durchschnittsware bei japanischen Animes glänzt gemeinhin mit eher eindimensionaler Charakterzeichnung und übersichtlicher Gut-Böse-Aufteilung. Nicht so bei „Gasaraki“.

Trotz komplexer Storylines, verschiedener Erzählebenen und gemütlicher Charakterentwicklung über die gesamten 25 Folgen hinweg gehörte das Sciencefiction-Anime „Gasaraki“ vor zwei Jahren zu den beliebtesten und erfolgreichsten Serien in Japan, den unvermeidlich folgenden Rattenschwanz aus allen denkbaren Merchandising-Artikeln hinter sich her ziehend.

Die Macher waren allesamt altgediente Anime-Veteranen, die sich nicht damit zufrieden gaben, die gewohnten Versatzstücke noch einmal zu reproduzieren. Zwar gehört „Gasaraki“ zum Mecha genannten Kriegsrobotor-Anime, die längst ein eigenes Untergenre im japanischen Zeichentrick bildet. Aber im Gegensatz zu anderen, vergleichbaren Serien ist „Gasaraki“ nicht in einer Fantasy-Welt in ferner Zukunft angesiedelt, sondern bemüht sich eher um eine realistische Darstellung der Technik. Die von Menschen gesteuerten Kampfroboter, Tactical Armors (TA) genannt und die eigentlichen Stars von „Gasaraki“, bewegen sich zwar schnell genug, um Panzer auszumanövrieren, sind aber auch nicht als vollkommen utopische Überwaffen angelegt.

Endgültig in der Wirklichkeit verortet wird die Serie, wenn der mächtige Gowa-Clan, dessen innerfamiliäre Intrigen Seifenopernelemente ins Spiel bringen, nach Zentralasien aufbricht, um dort mit seinen TAs eine multinationale Truppe in ihrem Kampf gegen den „Schurkenstaat“ Belgistan zu unterstützen. Die Operation heißt Desert Fox anstatt Desert Storm und wird von einem ähnlich grobschlächtigen Gesellen wie General Schwarzkopf geleitet. Der Schnurrbart des Regierungschefs ist so gewaltig wie der von Saddam Hussein und die TV-Bilder von den Bombardierungen der belgistanischen Hauptstadt nahezu deckungsgleich mit den CNN-Übertragungen aus Kabul.

Und tatsächlich: So wie der Golfkrieg damals vor allem der Demonstration der neuesten amerikanischen Waffentechnologie und der Ankurbelung der US-Konjunktur diente, ist auch der Krieg in Belgistan vor allem die Show zweier japanischer Konzerne, die ihren potenziellen Kunden das neueste Ballerspielzeug demonstrieren wollen.

Aber trotz solcher aktueller Anbindung und der deutlichen Gesellschafts- und Wirtschaftskritik ist „Gasaraki“ doch auch ein Anime. Deshalb ist die Geschichte, so realitätsnah sie auch sein mag, eingebettet in einen Hintergrund aus Mystik und Tradition, werden Einflüsse und Ästhetiken aus der traditionellen japanischen Kunst und Musik verwendet. Eine auch im experimentierfreudigen Anime-Bereich gewagte Mischung.

Schlussendlich aber geht es in „Gasaraki“ nicht um Roboter und Krieg, sondern um mehr: Eine geheimnisvolle Kraft, die mit rituellen, hypnotischen Tänzen zum Leben erweckt wird. Diese zweite, geheimnisvolle, eigentliche Ebene entfaltet sich über die gesamte Dauer der Serie nur sehr langsam, ist für Europäer mitunter auch einfach unverständlich und lässt einen so nur etwas schleppend in den Gasaraki-Kosmos eintauchen.

THOMAS WINKLER

Ab 6. 9. im Eiszeit-Kino, jeweils vier Folgen pro Vorstellung