noch 116 tage bis zum euro
: taz-Serie über unser neues Geld

Die Eta erpresst in Euro

Jaime Caruana dürfte zufrieden sein. Seit Monaten mahnt der Präsident der spanischen Notenbank die rechtzeitige Umstellung von Peseten auf Euro an. Seine Bitte wurde erhört. Vergangene Woche verschickte die bewaffnete baskische Separatistenorganisation ETA einmal mehr ihre Bescheide für die Revolutionssteuer. Und: Von den erpressten Unternehmern werden erstmals nicht wie sonst üblich zwischen fünf und zehn Millionen Peseten verlangt, sondern 30.000 bis 60.000 Euro. Ein tadelloses Vorgehen. Selbst der Umrechnungskurs stimmt.

Trotz dieses Erfolges geht die Informationsarbeit weiter. Nicht nur Caruana und seine Notenbank verteilen großzügig Ratschläge. Spanien hat eigens eine Gesellschaft zur Einführung des Euro ins Leben gerufen. So gibt es Einkaufstage, bei denen schon mal in Euro gezahlt wird. Vor allem ältere Menschen haben die Euroaufklärer dabei im Blick. Manche Rathäuser haben eigens Kurse eingerichtet. Hier steht Preise-Umrechnen steht auf dem Lehrplan. „Vor allem ältere Männer müssen dies lernen, sonst besteht die Gefahr, dass sie aus Angst vor dem neuen Geld sich nicht mehr am Einkauf beteiligen“, erklärt eine der Lehrerinnen. Jede Ausrede scheint den Machos recht, um statt zum Bäcker in die Bar um die Ecke zu gehen. Und jeder Vorwand scheint geeignet, um der arbeitslosen Nichte auf Rathauskosten einen Job zu verschaffen.

Nicht alle Unternehmen sind so einsichtig wie ETA. Während die großen Ladenketten und selbst so mancher Stand auf Madrids Flohmarkt Rastro bereits alle Preise doppelt auszeichnen, werden viele kleine Geschäftsinhaber erst umstellen, wenn der Euro bereits in der Kasse klimpert. Ob sie richtig umgerechnet haben oder nicht, das wird dann nur noch für den nachzuvollziehen sein, der ein gutes Gedächtnis hat. Der Preistreiberei ist Tür und Tor geöffnet. Und daher will die Notenbank ab 2002 wöchentlich die Inflationsrate feststellen lassen.

Trotz des vorbildlichen Handelns dürfte auch die ETA erhebliche Probleme mit den Euro haben. Ihre Einnahmen aus den Erpressungen sind Schwarzgelder und als solches nur schwer umzutauschen. Etwas, was auch ganz normalen Spaniern Kopfzerbrechen bereitet. Viele Geschäftsinhaber und Besitzer von Handwerksbetrieben kassieren von ihren Kunden vorbei am Fiskus. Ein Teil des Lohnes der Arbeiter und Angestellten wird ebenfalls schwarz ausbezahlt. Jetzt, wo die neue Währung kommt, stellt sich die Frage: Was tun mit dem Geld, das unter der Matratze schlummert? Ein Blick auf das Konsumverhalten der letzten Monate verrät die Lösung. Noch nie wurden so viele Pkws verkauft, noch nie waren Wohnungen so gefragt wie heute. Der Preis für Immobilien stieg in den letzten beiden Jahren um über 70 Prozent. Gleichzeitig geht die Nachfrage bei den Banken nach Bargeld in großen Mengen zurück. „Schwarzgeld und Schattenwirtschaft kommen ans Tageslicht, bewertet Caruana dies durchaus positiv.

REINER WANDLER