ich eifersüchtig? ich? ein ex tempore
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von WIGLAF DROSTE

Wie? Eifersüchtig? Ich? Wie kommst du denn da drauf? Ich weiß gar nicht, was das ist, Eifersucht. Ich kenn das Gefühl gar nicht. Total peinlich ist das. Eifersucht ist für Idioten. Für atavistische Typen, die sich aufführen und den Lärrie machen. Eifersüchtig? Ich mach mich doch nicht zum Horst.

Ja, sicher hab ich dem Typen die Finger gebrochen. Und würd’s wieder tun. Jederzeit. Aber sofort. Mit dir hat das gar nichts zu tun. Nun bild dir mal nichts ein, ja? Der Typ ist Gitarrist – und zwar ein ganz schlechter. Ein hundsmiserabler Gitarrist ist das. Und deshalb hab ich dem die Finger gebrochen. Knack, knack, knack, einen nach dem andern. War ’ne starke Sache. Hat richtig Spaß gemacht. Nicht, weil der dich damit angepackt hat, mit diesen Fingern. Pöh! Mir doch egal, was der alles anfassen darf. Dein Gesicht. Deinen schönen Mund. Deine Ohrläppchen. Deine Beine. Vielleicht sogar die Kniekehlen. Wie oft Kniekehlen vernachlässigt werden . . . Dabei sind die so klasse. Jedenfalls deine. Und deinen unglaublich hübschen . . . und deine süßen . . . nee, nee, nee, nee. Da denk ich gar nicht dran. Ich bin doch nicht bescheuert. Geht mich doch auch gar nichts mehr an. Genauso wenig wie der Typ.

Die Finger hab ich dem wegen der Musik gebrochen. Absolut. Nur wegen der Musik, ganz klar. Ich hab’s für die Kunst getan! Kunst ist keine Sache, die man hübsch hinstellt und herrichtet, um sie zu verkaufen. Nicht so’n bisschen pingeling auf der Gitarre und dabei grinsen und knuffig aussehn! Kunst hat mit Wahrheit zu tun. Jawohl: mit Wahrheit! Und genau davon versteht der Typ gar nichts! Nichts, verstehst du? Nichts. Wenn einer Carlos Santana rechtzeitig die Finger gebrochen hätte, wäre der Welt eins der peinlichsten Revivals überhaupt erspart geblieben. Wenn ich mir nur vorstelle, wie der eine Gitarre in die Hand nimmt, da fallen mir nur noch drakonische Maßnahmen ein. Genau wie bei diesem Typen. Musik ist was Heiliges, und ab und zu muss einer den Tempel ausfegen. Also schmink dir das mal ab mit der Eifersucht.

Ach – reden kann der so gut? Das ist ja ganz klasse. So richtig großartig ist das. Und wenn ich dir seinen Kopf bringe, so im Postpaket oder im Plastiksack, oder eingegossen in Kunstharz, und ihn dir hinstelle wie einen Computerbildschirm – redet der dann auch noch? Ja? Und was redet der dann? Immer noch ganz tolle Sachen? Da wär ich ja echt mal gespannt.

Nein – mach dir keine Sorgen: Ich mach das nicht. Ich mein das nicht so. Ich hab das nur so gesagt. Im Spaß. Und das mit seinem Gesicht – mein Gott, was hat dieser Fredie auch mit seinem Gesicht vor meinem Knie zu suchen? Das kannst du mir nun wirklich nicht vorwerfen. Ich glaub, das ist einfach einer, der sich gern bückt. Überhaupt nicht dein Stil, die Pfeife. Überhaupt nicht. Ach, geschenkt – der Typ interessiert mich doch gar nicht. Der ist doch gar nicht wichtig genug. Und außerdem: Ich bin nicht eifersüchtig. Ich nicht. Ich muss dann mal los. Pass auf dich auf, Süße. Und lass dich nicht wieder mit so ’nem Lutscher ein. Mit so ’ner Lusche. Na, wir sehn uns dann . . .