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: Crazy Quartett

Nachtstudio

(Mi, 0.00 Uhr, ZDF)

Fernsehen ist geil! „Das Thema des heutigen Nachtstudios ist brisant: das Verhältnis von Gesellschaft und Fernsehen“ hatte die Ansagerin nach den Nachrichten gesagt, und man war sofort begeistert. Erstaunlich, wie perfekt der Satz die Zeit ausfüllte, in der er gesprochen wurde und gleich so ein luftigschönes Gefühl machte. Dann sagte der Nachtstudiomoderator, dass Luhmann gesagt hätte, „was wir von der Welt wissen, wissen wir über das Fernsehen von der Welt.“ Panzer sagte das, als sei es eine besonders abgefahrene Idee, einzelne Fernsehsendungen zu besprechen. Eher erstaunlich, dass das bis jetzt noch niemand machte. Egal.

Ulrich Panzer, Moritz von Uslar (SZ) und der fernsehbegeisterte Schriftsteller Rainald Goetz laden also jeweils einen Gast ein, jeder sucht sich eine Sendung aus, stellt sie nach dem Muster des Literarischen Quartetts vor und dann redet man. Über Raab, die Reality-Soap „Gestrandet“, eine Wissenschaftssendung und ein RTL-Drama. Das Studio wirkt etwas crazy, mit künstlichem Kamin und Büchertisch. Rainald Goetz, der nun zum ersten Mal richtig im Fernsehen war, wirkte lustig aufgedreht und redete klug und benannte die „krassen ästhetischen Fehlentscheidungen“, die Kultur- und Wissenschaftssendungen so unerträglich machen. Panzer wirkte oldschoolmäßig kulturkritisch und Alexa Hennig von Lange nervte mit denkfaulen Platitüden: „wenig geistreich“ sei dies, „menschenverachtend“ das („Gestrandet“) und jenes „verlorene Lebenszeit“ gewesen, weil sie nix gelernt habe. Stolz verkündeten sie, die Raab-Sendung nicht einmal ganz gesehen zu haben, um dann drüber herzuziehen. Wer für viel Geld im TV auftritt, sollte sich vielleicht ein bisschen vorbereiten! Andererseits nervte sie auch nicht so wie diese Bildungsbürgerchichis im „Literarischen Quartett“.

Das „Nachtstudio“ hatte eine Chilloutzone. In der Mitte der Sendung geschah drei Minuten lang nix. Man hörte nur einen romantischen Popsong, die Leute saßen so oder so schweigend herum. Toll! Danach will man wieder mehr Fernsehen gucken. Fürs nächste Mal wünscht man sich, dass mal so eine typische Arte-Sendung besprochen wird. Große Fernsehunterhaltung!

DETLEF KUHLBRODT