Körbe mit hohem Mehrwert

Dirk Nowitzki, NBA-Spieler der Dallas Mavericks, infiziert das deutsche Basketballteam mit amerikanischen Tugenden

Ein Bier? „Nein, ich nicht, die anderen vielleicht“, sagte Dirk Nowitzki nach dem Einzug der deutschen Basketballer ins Halbfinale der Europameisterschaft in der Türkei. Er ist Profi. Auch im Gefühl des Überschwangs, das seine Kollegen nach dem Sieg über Frankreich ergriff, blieb Nowitzki kühl. Er hat schon Turbulenteres erlebt. Der 2 Meter 11 große Werfer spielt in der National Basketball Association, der NBA, bei den Dallas Mavericks.

Dort wird am Fließband geworfen. Die Angestellten der nordamerikanischen Basketballunternehmen jetten von Küste zu Küste. Und in den Playoffs, die Dallas heuer erreichte, beweist sich, wie ein Spieler dem ächzenden Druck und der aufgeheizten Stimmung standhält. Nowitzki überzeugte in dramatischen Situationen. Mehr als 21 Punkte erzielte er durchschnittlich. Ein paar Körbe hat er in der Türkei draufgepackt. Gegen Frankreich traf er 32 Mal. Der entscheidende Wurf gelang auch diesmal dem Mann, der von Würzburg aus seinen Weg nach Übersee in jene Liga fand, in der die Oberzocker Kobe Bryant und Shaquille O’Neal dribbeln.

Bundestrainer Henrik Dettmann darf froh sein, Nowitzki aufstellen zu können. Nach einer auszehrenden NBA-Saison ist es nicht selbstverständlich, dass die Sommerpause der Nationalmannschaft geopfert wird. Detlef Schrempf, der seine NBA-Karriere auch in Dallas begann, stand dem Deutschen Basketball-Bund (DBB) in den letzten Jahren nicht mehr zur Verfügung. Noch spendet Nowitzki seine Zeit und inspiriert das Team, das ohne den 23-Jährigen im Mittelmaß stagnierte.

Damit es Nowitzki bei der Europameisterschaft nicht an Rückhalt fehlt, sorgte sein persönlicher Trainer, Holger Geschwindner dafür, dass ihn Leute aus Dallas begleiten. Shawn Bradley (2,29 m), Center der Mavericks, wurde flugs eingebürgert und fischt nun im DBB-Leibchen nach Rebounds. Rolando Blackman, der in Texas Nowitzki Verteidigen lehrt, steht auch in Antalya und Istanbul an der Seitenlinie. Dettmann stemmte sich zunächst gegen die Amerikanisierung, die dokumentierte, dass der Finne im Verband an Einfluss verliert. Aber die Strategie erweist sich als richtig. Immerhin schaffte das DBB-Team durch die unverhofften Erfolge die Qualifikation für die WM 2002 in den USA. Dort katapultiert sich Nowitzki unaufhaltsam nach oben. Durch eine NBA-Regelung in seinen ersten drei Jahren noch am großen Verdienst gehindert, besteht nun eine Absprache mit dem Besitzer der Mavericks, Mark Cuban, über eine mehrjährigen Vertrag mit 90 Millionen Dollar. Cuban hat großes Interesse daran, Nowitzki zu halten. Der Deutsche soll zu dem Führungsspieler reifen, der er für das DBB-Team schon ist.

Nowitzki kam erst mit 15 zum Basketball. Davor spielte er Tennis. Geschwindner erspähte das Talent, brachte ihm im Einzeltraining all das bei, was ihn zum besten deutschen Basketballer macht. In Dallas wurde er als „German Wunderkind“ empfangen. Später musste er mit dem Spitznamen „Irk“ leben. Seine Teamkollegen klauten ihm das D, weil seine Defense noch zu schwach war. Aber er arbeitet an seinen Schwächen. „Es gibt noch so viele Dinge, die ich verbessern muss“, sagt er und stellt dabei eine entscheidende Eigenschaft zur Schau: Understatement, das in einem festen Selbstbewusstsein wurzelt. MARKUS VÖLKER

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