ProSiebenSat.1-Aktie stürzt ab

Offenbar bevorstehende Zusammenlegung der KirchMedia mit den Free-TV-Sendern führt zu Kursverlusten. Pro 7 und Sat.1 müssen sich wieder einmal der Konzernraison beugen. Indirekter Börsengang des fusionierten Unternehmens 2002

von STEFFEN GRIMBERG

An den Branchengerüchten über eine bevorstehende Verschmelzung der ProSiebenSat.1 Media AG mit ihrer Muttergesellschaft KirchMedia scheint etwas dran zu sein: Der Kurs der ProSiebenSat.1-Aktie fiel gestern zeitweilig um 20 Prozent auf ein Rekordtief von 9,40 Euro.

KirchMedia bündelt die Bereiche Free-TV, Programmrechtehandel und Produktion der Kirch-Gruppe; zur börsennotierten Sender-AG gehören neben Sat.1 und Pro 7 auch Kabel 1, der Nachrichtenkanal N 24, Multimediunternehmen und SevenOneMedia, die Werbezeitenvermarktungsgesellschaft für alle Sender der Kirch-Gruppe.

Ursprünglich sollte KirchMedia als eigenständiges Unternehmen bereits in diesem Jahr an die Börse gehen, um der finanziell chronisch klammen Kirch-Gruppe neues Kapital zuzuführen. Denn der Gesamtkonzern wird vor allem durch die horrenden Kosten für Sportrechte (Bundesliga, Fußball-WM 2002 uhd 2006, Formel 1) belastet. Nach FAZ-Informationen betrugen allein die Bankschulden der KirchMedia rund 3 Milliarden Mark, darin sind die hohen Verluste beim um Abonnenten ringenden Pay-TV Premiere World noch gar enthalten. In den vergangenen Monaten hatte die Kirch-Gruppe daher verstärkt neue Investoren – darunter auch Rupert Murdoch und Mediaset, die Medienholding von Silvio Berlusconi – aufgenommen. Externe Investoren halten derzeit rund 27 Prozent an der KirchMedia.

Der Börsengang war mit Hinweis auf die ungünstige Marktentwicklung bei Medienaktien verschoben worden, durch die Zusammenlegung mit der ProSiebenSat.1 Media AG würde er jetzt indirekt automatisch erfolgen – und der KirchMedia die Kosten für einen eigene Börseneinführung sparen.

Mit diesem Schritt käme die Kirch-Gruppe auch Forderungen ihrer Investoren entgegen, denen ein Börsengang bis spätestens 2003 vertraglich zugesagt ist. Das neue Unternehmen wäre mit einem Jahresumsatz von rund 6,5 Milliarden Mark und einem operativen Ergebnis von 536 Millionen Mark der zweitgrößte börsennotierte Medienkonzern Europas nach der französischen Canal-Plus-Gruppe. Kirch käme damit auch seinem Traditionskonkurrenten Bertelsmann zuvor, der ebenfalls langfristig an die Börse will.

Verlierer der Umstrukturierung im Hause Kirch sind wieder einmal die Free-TV-Beteiligungen – und indirekt der Axel-Springer-Verlag: Schon die Fusion der ProSieben AG mit Sat.1 wurde von der Kirch-Konzernzentrale verfügt. Wegen offener Fragen bei der Gesamtbewertung der Kirch-Gruppe stuften gestern mehrere Investmentbanken ihre Bewertung der ProSiebenSat.1-Papiere herab. Sie bemängelten vor allem fehlende Transparenz beim dann neu entstehenden Großunternehmen.

Gleichzeitig nahmen Spekulationen zu, die neuerliche Umstrukturierung zugunsten von Kirch werde endgültig zum Ausstieg der über Sat.1 an der KirchMedia beteiligten Axel Springer AG aus dem TV-Geschäft führen.

(mit Reuters)