Philosophische Exkursionen

■ „Denkpausen“ für Frauen: In einwöchigen Seminaren können Teilnehmerinnen Geist und Körper in Bewegung bringen

Der Titel macht neugierig. „Denken und Wandern“ sind die Seminare überschrieben, die der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (KDA) zweimal jährlich anbietet. Ausschließlich für Frauen, doch das ist es nicht so sehr, was die Veranstaltungen von anderen Bil-dungsangeboten unterscheidet: Die „Denkpausen“ des KDA sind, gemäß dem philosophischen Prinzip, ziellos. „Wir erheben keinen Anspruch darauf, eine Weiterbildung oder Qualifikation im eigentlichen Sinne zu sein“, sagt die Philosophin und Seminarleiterin Claudia Lenz. „Das Einzige, was wir weiterbilden wollen, ist die Denklust“, fügt KDA-Mitarbeiterin Waltraud Waidelich hinzu.

Nachdenken. Zeit haben. Zur Ruhe kommen. Sich eine Pause gönnen: Seit 1997 regen Lenz und Waidelich Frauen an, Gedanken und Körper während einwöchiger Seminare zu aktuellen Fragen im Bereich Arbeit und Leben in Bewegung zu bringen. „Wir denken zu wenig intensiv nach und haben im Alltag nur selten Gelegenheit, uns mit grundsätzlichen Dingen eingehender zu beschäftigen“, erklärt Waltraud Waidelich. Und, ergänzt Claudia Lenz, „wir wollen nicht nur Input liefern, sondern auch Denkprozesse ermöglichen.“ Während des Wanderns ließe sich das Gelesene und Diskutierte dann gut verarbeiten.

Das kann Doris Grüneberg nur bestätigen. Die Chemikerin aus Hamburg nahm vor zwei Jahren an einem Seminar zum Thema „Arbeitsethos“ teil. „Morgens lasen wir ausgewählte philosophische Texte zum Thema“, schildert die 50-Jährige einen typischen Tagesablauf. „Aus Fragen zum Hintergrund und zum Verständnis entzündete sich meist von allein ein Gedankenaustausch.“ Dem nachmittäglichen Wandern oder Radfahren folgte abends eine Fortsetzung der Diskussion. Noch heute hält Doris Grüneberg zu ihren damaligen Mitreisenden bei philosophischen Café-Runden Kontakt.

Nicht nur die Denklust, auch das Redeverhalten möchten die Veranstalterinnen schulen. Frauen müssten die Scheu verlieren, die eigene Meinung offen zu äußern, sagt Waidelich. In gemischten Gruppen sei dies oft nicht möglich: „Frauen werden häufig von Männern zugedröhnt.“ Deswegen laute das stillschweigende Ziel der Reisen auch Befähigung zu eigenem Urteilsvermögen, verrät Lenz. „Wir wollen Raum zum Überlegen geben, um Selbstverständlichkeiten in Frage zu stellen und kein Päckchen von Gewissheiten mit auf den Weg geben.“ Christina Pohl

„Denken und Wandern“ wird jeweils im Frühjahr und Herbst angeboten, die Teilnehmerinnenzahl ist auf zwölf begrenzt. Am 17. September beginnt das Seminar „Annäherungen an Ethik“, zwei Plätze sind noch frei. Kurzentschlossene melden sich beim KDA, Tel.: 040/30 62 32 09; dort gibt es auch generell Programm-Informationen.