Zum Nulltarif oder gar nicht

Kunst an Ausflugsorten, Teil 3: 300 Jahre Trittauer Wassermühle – Ein malerisches Kulturzentrum wird gefeiert, steht aber auf der Kippe  ■ Von Hajo Schiff

Wenn heute vor barockem Fachwerk am Mühlenteich Drehleier und Dudelsack erklingen, beweist sich mal wieder, dass das Hamburger Umland gar nicht so arm an idyllischen Orten ist, besonders im Nordosten. Doch hinter den Kulissen der in diesem Jahr begangenen 300-Jahrfeier der Wassermühle in Trittau sieht es nicht ganz so friedlich aus, wie es auf den ersten Blick scheint. Denn dort schwelt seit Monaten ein Konflikt um Nutzen und Stellenwert des Kunst- und Kulturzentrums, als das die 1701 erbaute Mühle seit inzwischen neun Jahren genutzt wird.

Konzerte auf dem Mahlboden im ersten Stock, das geht ja noch in Ordnung. Aber wer, fragen sich die Gemeindepolitiker, versteht schon die aktuelle Kunst, die regelmäßig, in jährlich etwa acht Ausstellungen, in den Räumen des Erdgeschosses präsentiert wird? Da zeigt der von Hamburg an den Brahmsee gezogene Künstler Harald Finke seine Pflanzenschrift und will einen „Subdialog“ mit Steinen und Tieren befördern. Ein andermal sind die schönen weißen Räume von Tobias Regensburger vollgestellt mit allerlei seltsamen Maschinen, die aus ganz disparaten Materialien zusammengebaut sind und trotz Stromanschluss und bunter Beleuchtung erwartungsgemäß auch nicht funktionieren, sondern Technik nur simulieren. Und zurzeit legt sich die Hamburger Künstlerin Elke Suhr mit den Autofahrern an und demonstriert in ihrer schlicht Räderwerk betitelten Ausstellung den Benzschen Motorwagen als Realisierung alchemistischer Vorstellungen, zeigt das Auto als Muschel und Gehirnform und dazu von Lenkrädern umschlungene Bäume.

Muss denn das alles sein? Ja, unbedingt, sagt Johannes Spallek, Geschäftsführer der gemeinnützigen Kulturstiftung der Sparkasse Stormarn. Das ist wichtig, denn Sparkassenstiftungen sind die größten regionalen Kultursponsoren Deutschlands, und auch in diesem Fall ist die Unterstützung einer dieser Institutionen für die Kunst in der Wassermühle entscheidend.

Denn es geht hier nicht nur um Ausstellungen: Das Mühlenareal ist auch der Arbeitsplatz eines Künstlers, dem für insgesamt ein Jahr die alte Müllerswohnung zur Verfügung steht. Bereits neunmal wurde dieses Stipendium für Künstler aus Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg ausgeschrieben, zudem werden die Abschlussausstellung, ein Katalog und ein Ankauf finanziert.

Schon allein das macht die Trittauer Wassermühle zu einem bemerkens- und sehenswerten Kunstort im Umfeld der Metropolregion Hamburg. Doch die Rahmenbedingungen müssen schon stimmen, damit dieses immerhin mit 18.000 Mark dotierte Stipendium nicht unversehens durch kleingeistige Regionalität blockiert wird.

Die Künstlerinitiative Stormarn mit 16 Künstlerinnen und Künstlern konzipiert und organisiert bisher in ausschließlich ehrenamtlicher Arbeit das Ausstellungsprogramm des Hauses. Doch nicht Respekt, sondern Argwohn schlägt diesem Einsatz für die Region inzwischen entgegen, und selbst die vergleichsweise geringen entstehenden Kosten scheinen nicht mehr tragbar. Auch die offensichtlich notwendigen vermittelnden Kunstgespräche und Führungen sollen nicht vermehrt angeboten, sondern vielmehr abgeschafft werden.

Doch warum sollte Kultur in einer nicht gerade armen Gemeinde zum Nulltarif zu haben sein? Das Wasserrad der Mühle ist immerhin das Motiv des Trittauer Gemeindewappens, da sollte doch bei diesem als Aushängeschild dienenden Kulturzentrum auch Interesse an einem qualitätvollen Kunstbetrieb bestehen. Und eine bisher fehlende Gastronomie würde alles als Ausflugsort zweiffellos noch attraktiver machen.

Trittauer Wassermühle - Kulturzentrum der Gemeinde Trittau, Am Mühlenteich 3, 22946 Trittau; Tel. 04154-81080

Geburtstagsfest mit Kaffee, Grillen und der Mittelaltergruppe Brumborium: Samstag, 8. September von 14.30 bis 18 Uhr

Ausstellung: Elke Suhr – Räderwerk, Sa + So 11-18, Mi 9-13 Uhr; noch bis 23. September

Ausstellungsführung durch Irmgard Gottschlich am 15. September, 15.30 Uhr