Nicht quengeln, sondern machen

In den Führungsetagen von Unternehmen sind Frauen immer noch eine Seltenheit, obwohl mittlerweile fast die Hälfte der Erwerbstätigen weiblich ist. Mentoring-Programme, bei denen Managerinnen mit Nachwuchskräften zusammengebracht werden, sollen Frauen beim Karrieresprung helfen

Nicht mehr gebetsmühlenhaft die Benachteiligung von Frauen wiederholen

von CORINNA BUDRAS

Die Frau – das unbekannte Wesen. Dieser Eindruck vermittelt sich noch immer, wenn man in die Führungsetagen der 100 größten deutschen Unternehmen schaut. Dort sind Vorstandssitzungen noch ausschließlich männliche Veranstaltungen; keine einzige Frau sitzt in diesen Unternehmen an der Spitze. Weiter unter verbessert sich die Situation für Frauen nur in kleinen Schritten: Gerade einmal 11 Prozent aller Führungspositionen sind mit Frauen besetzt, obwohl 42 Prozent aller Erwerbstätigen Frauen sind.

An dieser Situation wird ad hoc wohl auch das im August erschienene Buch „Karriereplanung für Frauen“ von Edith Schütte nichts ändern können. Aber es kann für viele Frauen zumindest ein Anfang sein. In einem Sechs-Stufen-Programm will Schütte karrierebewusste Frauen für die Berufswelt wappnen. Ihr Rezept: Nicht quengeln, sondern machen. „Verabschieden wir uns davon, gebetsmühlenartig die Benachteiligung von Frauen im Berufsleben zu wiederholen. Übernehmen wir Verantwortung für uns selbst“, fordert Schütte in ihrem Buch Karriereplanung – was aber, wie gleich beim Inhaltsverzeichnis des Buchs klar wird, kein Spaziergang ist, eher ein 5.000-m-Lauf: der Check, das Warming-up, der Start, ein kleines Extra, das Rennen und der Zieleinlauf, das sind die sechs Phasen, in die sich dieses Handbuch gliedert.

Ganz am Anfang als Warming-up sollte sich jede Frau darüber klar werden, wo sie steht und wo sie hin will. Ein eigenes Kapitel ist deshalb der Frage gewidmet, wie man herausbekommt, was man wirklich will. Das Mittel, das sie dabei am effektivsten voranbringt, ist eine uralte Weisheit: „Lernen Sie die richtigen Leute kennen“, rät Schütte in ihrem Buch, denn Beziehungen sind das A und O. Das Problem: Frauen interagieren mehr mit gleichrangigen als mit höher gestellten Kollegen. Am besten versucht man es deshalb mit Mentoring und sucht sich eine Person, die über mehr berufliche Erfahrung verfügt und gut beraten kann.

Mentoring für Frauen ist ein Konzept, das inzwischen in vielen Bundesländern professionalisiert wurde. So gibt es in Berlin ein Mentoring-Programm für Frauen in Handwerksberufen, das vom Verein Life e. V. durchgeführt wird. Ein branchenübergreifendes Programm existiert in Nordrhein-Westfalen. Dort hatte die Frauenministerin Birgit Fischer (SPD) vor eineinhalb Jahren das Programm „Personal-Partnership“ ins Leben gerufen. Es bringt erfahrene Frauen aus dem Management mit Nachwuchskräften zusammen und ist auf ein Jahr angelegt. Einmal im Monat treffen sich Mentee und Mentorin zu einem gemeinsamen Gespräch. Den Inhalt bestimmen die Beteiligten, denn der richtet sich nach den Wünschen und Vorstellungen des Mentee.

Wie beim Beispiel der jungen Chemikerin, die unzufrieden mit ihrer Berufswahl war und gerne im Bereich „technisches Management“ gearbeitet hätte. Nach einer intensiven Betreuung durch Gespräche und Bewerbungstraining hat sie jetzt schon nach kurzer Zeit eine neue Stelle erhalten. Natürlich nicht in dem Unternehmen der Mentorin. „Eine Stellenbörse ist das Programm nicht“, sagt die Projektleiterin Margret Tewes von der Agentur „KIM-Kompetenz im Management“, die das Projekt leitet. Stattdessen sollen die gestandenen Managerinnen, die aus den unterschiedlichsten Bereichen der privaten Wirtschaft kommen, ihren jüngeren Kolleginnen in erster Linie mit Rat und Tat zur Seite stehen.

„Personal-Partnership“ gibt es seit März 2000, jedes halbe Jahr entsteht eine neue Gruppe mit jeweils 15 Paaren. Eine konkrete Erfolgsbilanz gibt es noch nicht. „Das Programm hat durch die Gespräche hauptsächlich Depotwirkung“, so Tewes. Will sagen: Durch die Beziehung zwischen den Frauen sollen Denkanstöße gegeben werden, die meist jedoch erst nach einiger Zeit umgesetzt werden können. Die ersten Erfolge werden sich nach ihren Angaben wohl erst in drei Jahren einstellen.

Trotzdem: Das Konzept von Mentoring ist lang erprobt. Immerhin stammt diese Idee aus der griechischen Mythologie und vermehrt sich inzwischen rasant: Auch Hessen bietet Frauen ein Mentoring-Programm, in Baden-Württemberg wird an einem ähnlichen Konzept wie in Nordrhein-Westfalen gearbeitet. Selbst in der privaten Wirtschaft sind die ehrenamtlichen Beraterinnen auf dem Vormarsch: Viele Unternehmen bieten inzwischen innerbetriebliche Mentoring-Programme an.

Karriereplanung funktioniert bei Frauen jedoch nicht, ohne an die Familie zu denken. Diesem Problem widmet Schütte in ihrem Buch ein ganzes Kapitel. „Extra“ ist es betitelt und steht vor dem eigentlichen „Rennen“. Karriereplanung mit Rücksicht auf die Familie empfiehlt Schütte – aber ohne die klassische Rolle als Dienstmädchen: „Gewöhnen Sie von Beginn an alle Familienmitglieder dran, dass Sie nicht Putzfrau, Köchin, Kindermädchen und Chauffeur in Personalunion sind.“

Neben allgemeinen Erläuterungen und Tipps ist das Buch voll von Übungen zu den einzelnen Themenbereichen. Aufgaben, die den Leserinnen helfen sollen, ihre eigenen Visionen zu entwickeln, sind in diesem Buch genauso zu finden wie Entspannungsübungen bei Konflikten innerhalb der Familie. Und auch die Frage, wie karrierebewusste Frauen mit Misserfolgen umgehen sollten, denn den ultimativen Weg in die Chefetagen von Daimler Benz hat Edith Schütte erwartungsgemäß auch nicht zu bieten. Dort wird es allen modernen, jungen Unternehmenskonzepten zum Trotz wohl auch in Zukunft zwischen den ganzen grauen Krawatten keinen einzigen dezenten Hosenanzug geben.

„Karriereplanung für Frauen“ von Edith Schütte ist im Falken-Verlag erschienen und kostet 29,90 Mark. Im Internet: www.bewerbung.falken.de