Peinliches Verhör für Italiens Inquisitoren

Vor dem Genua-Untersuchungsausschuss bringen die Vertreter der „tute bianche“ die rechte Regierung in Bedrängnis

ROM taz ■ „Größenwahnsinnig“ sei Vittorio Agnoletto und außerdem ein „Mystifikator“, der alle Welt glauben machen wolle, in Genua seien die Demonstranten „die Guten“ und die Polizisten „die Bösen“ gewesen. Nein, mit dem Sprecher des Genoa Social Forum sei keine Diskussion möglich und erst recht nicht mit Luca Casarini, Sprecher der „tute bianche“ der weißen Overalls. Da waren sich die Abgeordneten der Berlusconi-Koalition im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Vorfällen von Genua einig: Nach den Auftritten der beiden bekanntesten Protagonisten des Anti-G-8-Protestes am Donnerstag vor dem Ausschuss boykottierten sie die weitere Anhörung.

Merkwürdig nur, dass Agnoletto und Casarini auf Verlangen eben der rechten Abgeordneten geladen worden waren, die nun so plötzlich die Lust am Verhören der „Rädelsführer“ verloren. Mag sein, dass ihnen die detaillierte und präzise Rekonstruktion der Ereignisse aufstieß. So widerlegte Casarini mit der Vorlage der polizeilichen Genehmigung die auch im Ausschuss von Italiens Polizeichef geäußerte Lüge, der Zug der „tute bianche“ vom 20. Juli habe keine Erlaubnis gehabt. Und er rekonstruierte en detail den Angriff der Carabinieri auf die Teilnehmer der Demo, er belegte mit Filmaufnahmen die Gewaltstrategie der Polizei.

Während die Vertreter des Social Forum Fakten liefern, strickt die Regierung weiter an Fiktionen. So erklärte der Justizminister Roberto Castelli vor dem Ausschuss, im Polizeigefängnis Bolzaneto sei es ganz normal hergegangen. Gewiss, die Verhafteten hätten stundenlang an den Wänden stehen müssen, aber was sei das schon: „Metallarbeiter stehen auch den ganzen Tag, und die haben sich noch nie beschwert.“ MICHAEL BRAUN