XXL-Koalition in Frankfurt am Main

In Frankfurt kann nach einem halben Jahr Streit wieder regiert werden: CDU, SPD, Grüne und FDP einigten sich auf eine ganz große Koalition. Die immer noch kontroversen Positionen zum Flughafenausbau sind von den Vereinbarungen ausgenommen

aus Frankfurt am Main KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Es ist vollbracht. Die Römerkoalition in Frankfurt am Main steht. Gut ein halbes Jahr nach der Kommunalwahl verständigten sich CDU, SPD, FDP und Grüne in der Nacht zum Freitag darauf, die „Kapitale des Euro“ (Grüne) gemeinsam regieren zu wollen. And the winner is: die FDP.

Die Liberalen, die im März nicht einmal den Sprung über die – in Hessen abgeschaffte – Fünfprozenthürde geschafft hätten, dürfen jetzt bei den Großen mit am Tisch sitzen. Auf ausdrücklichen Wunsch von Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) bekommt die FDP einen Sitz im verkleinerten hauptamtlichen Magistrat: Das Baudezernat wird gelb. Jeweils drei Dezernate gehen an CDU und SPD.

Einen eindeutigen Verlierer im langen Poker um die Macht im Stadtparlament (Römer) gibt es auch: Die Grünen hatten bei der Kommunalwahlen mehr als 13 Prozent der Stimmen bekommen. Doch der danach laut angemeldete Anspruch auf die Besetzung einer zweiten Dezernentenstelle wurde von den neuen Partnern schlicht ignoriert. Die Grünen bleiben auf dem von Jutta Ebeling geführten Schuldezernat sitzen, das um die Zuständigkeiten für „Umwelt und Frauen“ erweitert und damit aufgewertet werden soll. Ein eigenständiges Umweltdezernat, dem der amtierende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Lutz Sikorski, gerne vorgestanden hätte, wird es also nicht geben. De facto verfügen die Grünen, die drittstärkste Kraft im Römer, damit über genauso viele – oder, besser gesagt, wenige – Sitze im hauptamtlichen Magistrat wie die Splitterpartei FDP.

Ob die Basis der Grünen das akzeptiert, wird die nächste Kreisversammlung zeigen. Doch auch ohne die Grünen verfügen CDU, SPD und FDP noch immer über eine satte Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung. Sollte die XXL-Koalition den Segen der grünen Basis erhalten, stellen die Klein- und Kleinstparteien die Opposition im Römer. Die Flughafenausbaugegner (FAG) sind dann mit vier Sitzen die stärkste Oppositionspartei, gefolgt von der PDS (drei Mandate). Und Jutta Ditfurth könnte heimliche Oppositionsführerin werden. Es wäre die Paraderolle für die eloquente Listenführerin der Antiparteienpartei „ÖkoLinx“, die bei den Kommunalwahlen einen Sitz erringen konnte. Horst Schäfer von der FAG versprach allerdings allen (anderen) Parteien im Stadtparlament, genau das verhindern zu wollen.

Die FAG hatte vergeblich versucht, noch auf den jetzt abgefahrenen Koalitionszug aufzuspringen. OB Petra Roth lehnte jede Zusammenarbeit mit den Gegnern der geplanten neuen Landebahn für den Rhein-Main-Flughafen kategorisch ab.

Die Programmatik der neuen XXL-Koalition wurde schon in der Nacht zum Mittwoch abgehakt. Grundlage dafür waren die bereits zwischen CDU und Grünen ausgehandelten 88 Programmpunkte. Und überraschend schnell erzielten die vier Parteien auch bei den bislang kontrovers diskutierten Themen eine Einigung: Die Europäische Zentralbank (EZB) darf jetzt von der City ins Ostend umziehen. Die Anteile der Stadt an der Messe und an den Wohnungsbaugesellschaften werden nicht verkauft. Und für die Sanierung der städtischen Bäder und Straßen wird ein Millionenprogramm aufgelegt. Keine Einigung gab es dagegen beim Thema Flughafenausbau. Die Grünen sind weiter generell dagegen. Die SPD ist gegen die vom Land favorisierte Landebahn Nord und für die Landebahn Süd, die Frankfurt angeblich weniger Fluglärm bringe, dafür aber die Städte Offenbach, Mörfelden-Walldorf und Rüsselsheim endgültig in die Lärmfalle tappen lässt. Und CDU und FDP wollen das, was Ministerpräsident Roland Koch (CDU) will: die Landebahn Nord im Kelsterbacher Wald.

Bei der Frage nach dem Flughafenausbau gilt die Koalitionsraison also nicht. Aber ansonsten, so hieß es nach der Nachtsitzung übereinstimmend, werde man sich „um dem größtmöglichen Konsens bemühen“.