Kampf gegen Drogen und Guerilla

US-Außenminister Colin Powell reist heute nach Kolumbien, dem weltweit drittgrößten Empfänger von US-Militärhilfe. Die Antidrogenpolitik militarisiert die Region, ohne wirklich die Drogen zu bekämpfen. Die USA halten dennoch daran fest

von BERND PICKERT

Genau 24 Stunden will sich US-Außenminister Colin Powell in Kolumbien aufhalten. Mit seinem Besuch unterstreicht Powell die Bedeutung Kolumbiens für die US-Außen- und besonders aber für die Militärpolitik. Kolumbien liegt bei US-Militärhilfe weltweit nach Israel und Ägypten an dritter Stelle. Nachdem der Kongress noch unter der Clinton-Regierung im vergangenen Jahr ein Paket von 1,3 Milliarden Dollar für den so genannten Plan Colombia gebilligt hatte, unterstützen die USA jetzt das kolumbianische Militär mit durchschnittlich 1,6 Millionen Dollar täglich. Weitere Hilfen sollen folgen: In den nächsten Monaten soll der Kongress der so genannten Regionalen Anden-Initiative zustimmen, einem weiteren von Militärhilfe dominierten Paket für Kolumbien, Peru und Bolivien.

Doch das vorgebliche Ziel der Hilfe, die Bekämpfung des Drogenanbaus, ist mitnichten erreicht worden. Im Gegenteil: Die US-Drogenbehörde DEA geht davon aus, dass der Koka-Anbau in Kolumbien im vergangenen Jahr um rund 60 Prozent gesteigert wurde. Eine Antwort der Drogenindustrie, so vermutet die US-Regierung, auf die tatsächlichen Erfolge bei der mit militärischen Mitteln gegen die Koka-Bauern durchgesetzten Vernichtung von Anbauflächen in den Nachbarländern Peru und Bolivien.

Die Bush-Regierung hat nach kurzem Zögern angekündigt, den Plan Colombia wie vorgesehen fortführen zu wollen. Dabei steht der Plan gleich von mehreren Seiten unter Druck: Kolumbiens Präsident Andrés Pastrana gestand in der vergangenen Woche ein, die Antidrogenpolitik zeige nicht die gewünschten Erfolge – man müsse umdenken. Das Hauptkonzept zur Vernichtung von Anbauflächen, das Besprühen mit Pestiziden aus der Luft, hat Umweltschützer und Bauernverbände auf den Plan gerufen. Denn die Pflanzenvernichtungsmittel zerstören durchaus nicht nur die Koka-Felder, sondern jegliche landwirtschaftliche Produktion in den betroffenen Gebieten. Alternativen zum Koka-Anbau sind so noch schwerer durchzusetzen. Zwar verkünden US- und kolumbianische Regierung jetzt, man wolle die Sprühflugzeuge künftig niedriger fliegen lassen, um die Streuung der Gifte zu verringern. Doch Drogenexperten gehen davon aus, dass die Koka-Produzenten mit der Anlage immer neuen Feldern reagieren – geschädigt bleibt die übrige Landwirtschaft.

Nicht zuletzt haben Menschenrechtsgruppen und Nichtregierungsorganisationen von Anfang an die Befürchtung geäußert, unter dem Deckmantel der Drogenbekämpfung diene der Plan in Wirklichkeit dazu, die Guerillaorganisationen der „Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens“ (Farc) und der kleineren „Armee für die Nationale Befreiung“ (ELN) zu bekämpfen. Die USA bestreiten das zwar offiziell: Aufstandsbekämpfung wie in Zentralamerika in den 80er-Jahren sei nicht das Ziel. Doch in einem internen Papier des US Army War College heißt es: „Aus innenpolitischen Gründen haben wir uns dafür entschieden zu behaupten, dass wir die Drogenbekämpfung der kolumbianischen Regierung unterstützen können, ohne in die Aufstandsbekämpfung verwickelt zu werden. Doch das ist nicht aufrichtig.“

Wohl wahr: Immerhin benennt die militärische Komponente des Plans ausschließlich die Guerillas als Protegés des Drogenanbaus – dabei profitieren die rechten paramilitärischen „Selbstverteidigungs“-Verbände Schätzungen zufolge in gleichem Umfang vom illegalen Drogenanbau. Und die erfreuen sich bis heute bester Kontakte zu den Militärs, die der Plan Colombia so massiv fördert.