Der Prüfstein für das Kreuzchen

ver.di im Wahlkampf: Rechtsblock gefährdet 40.000 Jobs in der Stadt  ■ Von Kai von Appen

„Wir rufen nicht zur Wahl einer Partei auf“, sagt Wolfgang Rose, der Hamburger Landeschef von ver.di, bei der gestrigen Vorstellung der Wahlprüfsteine der Dienstleistungsgewerkschaft, „wir sind aber auch nicht neutral“. Die Botschaft an die 120.000 Mitglieder des Riesenverbands ist also klar: Rot-grün wählen und damit einen Rechtsblock mit Ronald Schill verhindern. „Dieser gefährliche Demagoge“, so Rose, „muss uns als Mitglied des Senats erpart bleiben.“

70.000 Exemplare des „persönlichen Parteien-Test“ gehen derzeit in die Betriebe. Darin sind die elementaeren Forderungen zu Standortförderung, Bildung, Wissenschaft, Stadtentwicklung, Kriminalitätsbekämpfung, Umweltschutz und Rechtsextremismus aufgelistet. Bei jeder Frage kann man bei derjenigen von fünf aufgelisteten Parteien, von der man am ehesten glaubt, die Partei erfülle die Forderung, ein Kreuzchen machen. Warum die Wählerveinigung Regenbogen nicht dabei ist, die unter rot-grüner am ehesten die Vorstellungen der Gewerkschaften im Parlament vertreten hat, bringt Rose in Erklärungsnot.

Er begründet es mit Umfragen: „Danach ist der Regenbogen nicht mehr in der Bürgerschaft vertreten.“

Das Wichtigste ist für Rose aber, dass die Mitglieder zur Wahl gehen und dort „mit einem klaren Kopf“ ihr Kreuzchen machen. Denn momentan werde im Wahlkampf vom Rechtsblock durch die Debatte um Kriminalität und die Innere Sicherheit in der Stadt mit „Nebelkerzen“ geworfen. Mit den von Schill eingebrachten Schlägwörtern wie Kastration von Sexualverbrechern und Einführung der Todestrafe werde „Symbolpoltik“ betrieben, die auf die niederen Instinkte wie Neid, Angst, Rache zielten. Elementare Themen gerieten dadurch in den Hintergrund. Das sei „Stimmungsmache statt stadtpolitische Themen“, schimpft der ver.di-Landeschef, und es sei zudem eine „Diskreditierung unserer Kollegen in Gerichten, Strafvollzug und Drogen- und Jugendeinrichtungen, die sich dem Gedanken von Resozialisierung verpflichtet fühlen“.

In dieser Debatte gehe indes auch völlig unter, dass das Koaltionstrio aus CDU, FDP und SCHILL durch die Privatisierungen den „Ausverkauf der öffentlichen Unternehmen“ plane, die zur städtischen „Daseinsvorsorge“ unverzichtbar seien. „Schonungslosem Profitstreben zum Schaden der Bürger wird Tür und Tor geöffnet“. So stehen bei einer Privatisierung von HHLA, Landesbank, Flughafen und den Krankenhäuser 40.000 Jobs auf dem Spiel.

Fall es zum Regierungswechsel kommt, geht ver.di von turbulenten Zeiten aus. „Politische Streiks sind ein rechtliches Problem“, schränkt Rose zwar ein, doch „öffentliche Aktionen“ seien programmiert. „Ein Schill im Senat wäre ein politischer Einschnitt und keine normale Wahl mehr.“ Rose ergänzt, dass schon jetzt Schills Demagogie bei rot-grün zu Irritationen geführt hat, wie der Brechmitteleinsatz gegen Dealer zeige. Rose: „Es geht nicht um Beweissicherung, sondern um Bestrafung und darum, Angst zu schüren.“