„Wir wollen bauen“

■ Private Investoren halten ein Wasserkraftwerk an der Weser für machbar. Ab Herbst 2005 sollen 9.000 Bremer Haushalte Weserstrom bekommen.

„Acht Jahre lang haben die Stadtwerke das Weserkraftwerk totgemacht,“ sagt Hucky Heck. „Sie haben die teuerste Variante gewählt und ein Projekt geplant, das gar nicht gebaut werden sollte.“ Gestern stellte der ehemalige Ortsamtsleiter des Viertels im Café Ambiente das Firmenkonsortium vor, das unter dem Motto „Und es geht doch“ ein neues Wasserkraftwerk an der Weser bauen will (vgl. auch taz vom 10. August).

Drei Firmen sitzen zusammen im Boot: Die Projektentwicklungsgesellschaft Tandem GmbH, die mehrere Windparks in Norddeutschland finanziert hat und betreibt und deren Geschäftsführer Heck ist. Ebenfalls dazu gehört das Unternehmen „Planet Energy“, das Ökostrom-Modellprojekte in Deutschland finanzieren soll. Es handelt sich dabei um eine Tochterfirma des Ökostromerzeugers Greenpeace-Energy, der schon 12.000 Kunden hat. Dritte im Bunde ist die Mattern GmbH aus Schwaben, ein führender Anlagenbauer in Sachen Wasserkraft. Sie ist verantwortlich für die technische Umsetzung der Planung und dafür bestens vorbereitet, denn Mattern war schon zusammen mit Siemens und Voith bei den Planungen der Stadtwerke federführend dabei.

Im Juli 2001 hatte die Gruppe um Tandem, neben drei Konkurrenten, ein Angebot beim Umweltressort eingereicht, worin sie sich um den Bau eines neuen Wasserkraftwerkes bewarb. Mit einer Entscheidung wird allerdings nicht mehr vor Ende des Jahres gerechnet. Mitte 2002 soll dann das Planfeststellungsverfahren beginnen, im Sommer 2003 soll der erste Spatenstich erfolgen und im Herbst 2005 die Inbetriebnahme des Kraftwerks mit fünf Megawatt Leistung, hofft Heck. Er erwartet politische Unterstützung durch Bremen beim Bund, damit die Kredite sprudeln, außerdem brauche man noch einige wasserrechtliche Genehmigungen.

Dann würden jährlich 32 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt werden. 9.000 Bremer Haushalte könnten so ihren jährlichen Bedarf an Strom decken, und der Umwelt würden so 28.000 Tonnen Kohlendioxid erspart – anders könne Bremen seine Sparziele auf diesem Gebiet gar nicht erreichen. Später soll die Leistung sogar auf zehn Megawatt verdoppelt werden.

Dann erläutert Heck, warum sein „Traumprojekt“ im Gegensatz zur Planung der Stadtwerke finanzierbar ist. Statt am linken wolle man am rechten Ufer bauen. Das sei strömungstechnisch besser, somit könnte auch eine kleinere Anlage mehr Leistung erbringen. Die von den Stadtwerken geplante Anlage sei überdimensioniert gewesen und wäre wegen des wechselnden Wasserstandes der Weser nur selten voll ausgelastet worden.

Insgesamt liegen die Kosten für das Projekt bei rund 35 Millionen Mark, wovon 26 Millionen durch zinsgünstige Kredite der bundeseigenen Deutschen Ausgleichsbank bestritten werden sollen. Auf das Land Bremen kommen keine Kosten zu. Die restlichen neun Millionen will Heck von privater Hand einwerben.

Mit dem Schlagwort: „Bremens Bürgerkraftwerk“ will Heck die Bremer Bürger und andere dazu bringen, sich an dem Kraftwerk zu beteiligen.

Was aber, wenn das Geld nicht zusammenkommt? Könnte dann das Projekt kippen oder verzögert werden? Heck ist sich sicher, eine solche Summe zusammenzukriegen. Das sei kein Problem, erst neulich habe er mit Tandem für einen Windpark fünf Millionen Mark eingesammelt, was bloß ein halbes Jahr gedauert habe.

Die Beteiligung an Ökostrom-Anlagen ist also beliebt – und lukrativ, wie Heck auch klarmacht. Neben den Krediten, die bedient werden müssen und die nach 20 Jahren abbezahlt sein sollen, fällt auch für die Anleger jedes Jahr eine hübsche Rendite ab.

Kann der erzeugte Strom auf dem freien Markt konkurrieren? Eigentlich nicht, die Stromerzeugungskosten von 11,8 Pfennig pro Kilowattstunde sind zu hoch, gibt Heck zu, aber dank des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) müssen die regionalen Stromversorger den umweltfreundlichen Strom zu einem Preis von 13 Pfennig abnehmen. Von der Gewinnspanne kann das Wasserkraftwerk existieren.

Besonders viele Arbeitsplätze sind nach der Bauphase für Bremem nicht zu erwarten. Die Anlage sei aus der Ferne überwachbar, so Heck: „Es ist wie bei einem Windrad, wenn die Anlage, die vollautomatisch läuft, kaputt ist, schreit sie um Hilfe und schickt uns ein Fax. Dann kommen wir zur Reparatur.“

Besteht Gefahr für die Fische, von den Turbinen eingesaugt und umgebracht zu werden? Nein, es werde einen elektrischen Fischabschreckzaun geben und eine Fischtreppe, wiegelt Heck ab: „Was an ganz kleinen Fischen durch die modernen Turbinen flutscht, wird unten unversehrt rauskommen und sagen 'Mein Gott, was war das?'“

Tom Brägelmann