Nichts Grelles, nichts Schrilles

■ In Hamburg wird wie geplant gewählt, der Wahlkampf aber bis Sonntag ausgesetzt

Gewählt wird wie geplant. Die Anschläge in den USA haben zwar den Wahlkampf lahm gelegt, der Wahltermin bleibt davon aber unberührt. Darauf hat sich Bürgermeister Ortwin Runde nach einem halbstündigen Gespräch mit den Spitzenkandidaten von CDU, GAL, Regenbogen und FDP verständigt. „Eine Verlegung kommt nicht in Frage“, sagte Runde, darüber seien sich alle einig gewesen.

Die Bürgerschaftskanzlei hat die Möglichkeit einer Verschiebung zwar geprüft, ernsthaft erwogen hat sie aber niemand. Zu kompliziert wäre es dann auch nach der Verfassungslage geworden, zu viele Möglichkeiten, den Wahlausgang wegen Formalien anzufechten, hätte es gegeben. Als Ausweichtermine hätten die beiden Sonntage nach dem 23. September zur Verfügung gestanden. „Außerdem darf der Terrorismus nicht dazu führen, dass demokratische Instrumente wie Wahlen wegen ihm verlegt werden“, machte Runde deutlich.

Der Wahlkampf ist bis zum Sonntag ausgesetzt, auch darüber konnten die Spitzenkandidaten sich schnell einig werden. Ab Montag werde man zwar wieder wahlkämpfen, doch „die Ereignisse von New York und Washington werden Auswirkungen auf die Art und Weise des Wahlkampfes haben“, sagte Runde. Wie das konkret aussehen soll, sei „jeder Partei in ihrer Gestaltung frei überlassen“. Oppositionsführer Ole von Beust (CDU) kündigte jedoch schon an, man werde „auf alles Grelle, Schrille, Marktschreierische verzichten“, dies sei „eine Sache des Taktgefühls“. Das findet Politrichter Ronald Barnabas Schill auch, der zwar nicht eingeladen war, dafür aber vor dem Rathaus seine Meinung kundtat. Auch er wird Wahlkampfpause machen, drohte aber schon an, „den Wahlkampf in der kommenden Woche mit aller Intensität wieder aufzunehmen“.

Derweil hat Runde noch einmal deutlich gemacht, dass „eine Gefährdungssituation in Hamburg zurzeit nicht besteht“. Die Sicherheitsvorkehrungen vor dem Konsulat der USA und den Einrichtungen der Jüdischen Gemeinde seien trotzdem angebracht gewesen, Generalkonsulin Susan Elbow habe dem Bürgermeister versichert, dass sie sich „hinreichend und gut geschützt“ fühle.

Entwarnung will der Bürgermeis-ter aber noch nicht geben. Schließlich könne sich die Sicherheitslage nach einem möglichen Gegenschlag der Amerikaner wieder ändern. Auch wenn die Politik in diesen Tagen den Atem anhält, hinter den Rathaus-Kulissen spielt sogar das Geschehen in den USA eine Rolle im Wahlkampf. Die ersten beginnen schon zu spekulieren, ob die Angst und Unruhe, die die Anschläge bei den Menschen auch in Hamburg ausgelöst hätten, dazu beitragen könnten, den Senat zu stabilisieren – in Zeiten der Unsicherheit orientierten sich die Leute eher am Bewährten. Peter Ahrens