E-Mail aus New York

■ Til Mette, Zeichner unter anderem für die Bremer taz, lebt mit seiner Frau in New York. Beiden geht es gut und beide seien gaaaaanz herzlich gegrüßt. Til Mette hat aufgeschrieben, wie er und seine Frau den Anschlag erlebt haben.

der horror dessen, was gestern hier in new york passiert ist faengt erst langsam an zu wirken. als mich gestern morgen ein freund aus montreal anrief, ich solle sofort den fernseher anschalten, hatte ich anfangs diese perverse lust eines zeitungsmenschen an der sensation, als ich die sich immer und immer wiederholenden bilder vom terroranschlag im fernsehn sah. ich bin dann aus dem haus gegangen und konnte ein paar strassen weiter sehen, wie der untere teil von manhattan nur noch als staub- und rauchwolke existierte. ein bild wie nach einem vulkanausbruch. erst da kam das kalte entsetzen in mir hoch und die angst um meine frau, die in manhattan in ihrem buero war. nach mehreren versuchen bekam ich sie schliesslich ans telefon. alles war ok. sie sah minuten vorher aus ihrem fenster im 20.stock in der 23. strasse des flatiron buildings einen der twintuerme zusammenfallen und ist dann mit kollegen auf die strasse gelaufen . es dauerte 7 stunden bis sie auf vielen umwegen zu hause war. (fuer diese strecke braucht man sonst 45 minuten). telefone funktionierten kaum, aber e-mail funktionierte und man wusste von freunden, die o.k. sind, und man erfuhr, wer wann heile nach hause gekommen ist. hier in montclair, 12 meilen vor manhattan hat man einen sehr guten blick auf die stadt. im ort standen die menschen schweigend auf der strasse unfaehig auszudruecken was man sah. die ansprachen im fensehn sind noch alle sehr moderat. bislang gibt es wenig scharfmacher, der buergermeister von von new york betont immer wieder, man solle keinen hass aufkommen lassen. dies ist wichtig zu sagen in einer stadt wie new york, die so viel menschen aus allen kulturen der welt beheimatet. und wo wir vorher witze gemacht haben, dass man keinen ernstfall mit einem praesidenten george w. bush erleben moechte ist nun einer eingetreten und man wuenscht sich nur, dass ihm gute berater zur seite stehen moegen. der terrorangriff auf amerika ist fuer mich das erstemal, dass ich mich ein wenig amerikanisch fuehle. wir wuenschen uns, dass irgendwann die twin towers wieder aufgebaut werden, sogar noch einen stock hoeher, als victory zeichen der welt gegen den terror.